Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

830 Die Organisation der Gerichte. 83 
  
sie gelten als Beamte des Staates, der sie angestellt hat. Die Ausgaben fallen, so- 
weit sie nicht durch die Einnahmen des Gerichts gedeckt oder nach näheren Bestim- 
mungen des Vertrages von einem der beiden Staaten besonders zu tragen sind, 
zu 800% der Hansestadt Lübeck, zu 20% dem Fürstentum Lübeck zur Last 1). Bei 
dem Landgericht sind zurzeit 3 Zivilkammern und 3 Strafkammern gebildet; ferner 
2 Kammern für Handelssachen. Die Handelsrichter werden vom Senat auf gut- 
achtlichen Vorschlag der Handelskammer in Lübeck ernannt (Vertrag mit Oldenburg. 
v. 1879 Art. 20 Abs. 2; Lüb. AG. v. 1879 9 28 f. in der Fassung v. 18. Juli 1906 S. 98). 
In Bremen und Lübeck ist das Landgericht ausschließlich zu- 
ständig gemäß GVG. 5 70 Abs. 3 für Ansprüche der Beamten gegen den 
Staat aus ihrem Dienstverhältnisse, Ansprüche gegen den Staat wegen Verfügungen 
der Verwaltungsbehörden und Verschuldung der Beamten, für Ansprüche gegen 
Beamte wegen Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse oder Unterlassung von Amts- 
handlungen, sowie für Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben 2). 
III. Das Hanseatische Oberlandesgericht mit dem Sitz in 
Hamburg ist errichtet durch Uebereinkunft vom 30. Juni 1878 als gemeinsames Ober- 
landesgericht der 3 Hansestädte mit der Zuständigkeit auch für das mit Lübeck zu 
einem Landgerichtsbezirk vereinigte oldenburgische Fürstentum Lübeck 5); jetzt gilt 
die Uebereinkunft vom 22. Mai 1908 (Brem. GBl. 1908 S. 139; Lüb. GS. 1908 
S. 131). Die Justizverwaltung am Oberlandesgericht wird von den 3 Senaten ge- 
meinsam wahrgenommen; der Senat von Hamburg vermittelt den Geschäftsverkehr 
und kann Angelegenheiten von untergeordneter Bedeutung ordnen, auch vorläufig 
in anderen Sachen entscheiden ). Der Präsident und die Senatspräsidenten werden 
von den 3 Senaten gemeinsam gewählt. Die Stellen der Räte werden nach dem 
Verhältnis der Kostenbeiträge in der Weise besetzt, daß von je 12 Stellen Lübeck 
die 5., Bremen die 1. und 9., Hamburg die übrigen Stellen zu besetzen hat. Die 
Wiederbesetzung einer erledigten Stelle steht dem Senat zu, der den ausgeschiedenen 
Rat gewählt hat (Näheres Uebereinkunft § 4; entsprechend bei Vertretung eines 
Rates das. § 19). Die Wahl für die von Bremen zu besetzenden Stellen erfolgt durch 
die Justizuerwaltungskommission (Brem. AG. § f5 n; und Schlußprotokoll zu der 
Uebereinkunft vom 22. Mai 1908), in Lübeck durch den Senat. Die Mitglieder des 
Oberlandesgerichts erwerben durch ihre Ernennung das hamburgische Bürgerrecht. 
Ihre Gehalte und Ruhegehalte sind im Vertrage festgelegt (§ 11 ff.); auf ihre Dienst- 
vergehen finden im allgemeinen die für hamburgische Richter geltenden Vorschriften 
Anwendung (§ 17). Der Oberstaatsanwalt wird von dem hamburgischen Senat ge- 
1) Näheres Vertrag, Art. 35 f., auch Nachtrag v. 10. Dez. 1913 (S. 251). 
2) Brem. AG. é+ 77; Lüb. AG. 5 24; in Lübeck jedoch nur für Ansprüche „gegen den Staat" 
wegen öffentlicher Abgaben, in Bremen allgemein bei Streit um öffentliche Abgaben, also auch 
gegen politische und kirchliche Gemeinden und andere öffentliche Verbände. Ueber den Begriff 
er öffentlichen Abgaben RG. Bd. 52, S. 31; wegen der kirchlichen Abgaben in Bremen: RG. in 
HGZ. 1895, n. 127. Die Ansprüche gegen den Staat wegen Verschuldens eines Beamten im 
Sinne dieser Vorschriften müssen auf Verlehung öffentlich-rechtlicher Funktionen gegründet sein: 
G. 1904, n. 118; RG. Bd. 50, S. 3 
3) Hiezu auch der Vertrag olshen Olbenburg und Lübeck v. 1879, Art. 31. 
4) Uebereinkunft § 2. Beschlüsse der 3 Senate werden mit Stimmenmehrheit gefaßt; doch 
ist in den durch den Vertrag den Senaten zur Erledigung überwiesenen Angelegenheiten, z. B. 
bei der Wahl des Präsidenten und der Senatspräsidenten, Stimmeneinheit erforderlich. 
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