Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

84 Die Organisation des Staates. 830 
  
wählt (8 30), die nicht richterlichen Beamten von der hamburgischen Senatskommission 
für die Justizverwaltung ernannt (§ 20). Die Einnahmen des Gerichts fließen in die 
hamburgische Staatskasse. Die Kosten für Beschaffung und Unterhaltung der Räum- 
lichkeiten, sowie für ihre Einrichtung trägt Hamburg allein. Die übrigen Kosten 
werden, soweit sie die Einnahmen überschreiten, von Bremen zu 2/12, von Lübeck 
zu ½12 erstattet (Uebereinkunft § 3; die früher bestehende besondere „Sustentations- 
kasse“ wurde durch die Uebereinkunft von 1908 aufgehoben). 
Außer seiner reichsgesetzlichen Zuständigkeit hat das Oberlandesgericht auf Ver- 
langen der Senate oder eines Senates über allgemeine Rechtsfragen oder Ange- 
legenheiten der Gesetzgebung oder Justizverwaltung Gutachten abzugeben (Ueber- 
einkunft § 36). Durch die Gesetzgebung von Bremen und Lübeck sind ihm ferner 
übertragen (Uebereinkunft § 37): 1. die Entscheidung von Meinungsverschiedenheiten 
rechtlicher Natur zwischen Senat und Bürgerschaft (loben § 26 Z. 1); 2. die Funk- 
tionen eines Disziplinargerichtshofes bei Dienstvergehen der Richter, in Lübeck auch 
der Staatsanwälte (unten §& 38); 3. die Mitwirkung bei der zweiten juristischen Prü- 
fung durch eine Prüfungskommission von 5 Mitgliedern (unten IX). 
IV. Besondere Gerichte sind die Gewerbe= und Kaufmannsge- 
richte. In Bremen besteht ein Gewerbegericht für die Stadt Bremen und das 
Landgebiet, sowie je eines für Bremerhaven und Vegesack 1); ein Kaufmannsgericht 
für die Stadt Bremen und eines für Bremerhaven 2). In Lübeck besteht ein durch 
Landesgesetz vom 17. September 1877 errichtetes Gewerbegericht (jetzt G. v. 
15. Nov. 1905, S. 151) mit Zuständigkeit für das Staatsgebiet ?), sowie ein Kauf- 
mannsgericht für die Stadt Lübeck (Ortsstatut v. 20. Juni 1906 S. 69). 
V. Bei den ordentlichen Gerichten besteht eine Staatsanwaltschaft. 
Die Staatsanwälte werden vom Senat ernannt, in Bremen nach gutachtlicher 
Aeußerung der Justizverwaltungskommission; sie sind nicht richterliche Beamte und 
unterstehen auch hinsichtlich des Inhaltes ihrer Tätigkeit der Dienstaufsicht, die in 
Bremen von der Justizkommission des Senats, in Lübeck vom Senat geübt wird; 
der Senat kann sie jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen"). Ueber die 
Staatsanwaltschaft am Oberlandesgericht Uebereinkunft § 30 ff. Ueber Polizeibeamte 
als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft gemäß G.V. G. 5 153: Brem. V. v. 22. Aug. 
1879 (S. 261) und v. 23. Nov. 1883 (S. 145); Lüb. V. v. 5. Sept. 1879 (III S. 335). 
1) Für die Stadt Bremen und das Landgebiet Ges. v. 31. Dez. 1901, neu publiziert Brem. 
GBl. 1904, S. 45; danach müssen der Vorsitzer und sein Stellvertreter Mitglieder des Land= oder 
Amtsgerichtes Bremen sein; über die Wahl der Beisitzer: Ausf.-V. v. 11. Febr. 1904 (S. 39). 
Schon vor der reichsgesetzlichen Organisation bestand ein Gewerbegericht (Brem. Ges. v. 30. Sept. 
1877), das aber infolge des Reichsges. v. 29. Juli 1890 ausgehoben wurde. Für Bremerhaven: 
O. v. 30. Okt. 1893 (S. 195); für Vegesack: O. v. 8. Mai 1907 (S. 254). 
2) Für die Stadt Bremen: Ges. v. 15. Jan. 1907 (S. 11); der Vorsitz ist mit dem des Gewerbe- 
gerichts verbunden. Für Bremerhaven: O. v. 25. April 1905 (S. 91). 
3) Die landesrechtliche Organisation ist hier auf Grund §* 85 des Reichsgewerbegerichtsges. 
v. 29. Sept. 1901 aufrechterhalten. 
4) Für Bremen: A. 9# 50; 118 f.; auch Ges. v. 17. April 1903 (S. 47) über die Ver- 
tretung der Staatsanwälte; über ihre Amtstracht: Brem. V. v. 31. Aug. 1879 (S. 267). — Für 
Lübeck: AE. § 33—37; auch Vertrag mit Oldenburg v. 1879 Art. 28; für ihre Dienstver- 
gehen finden die gleichen Bestimmungen wie für Richter Anwendung, doch kann der Senat sie 
jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen (Lüb. Ges. betr. die Dienstvergehen der Richter 
und Beamten der Staatsanwaltschaft v. 21. April 1879 (III, S. 313; unten §& 38); über ihre Amts- 
tracht: V. v. 20. Aug. 1879 (S. 331). Ueber Wahrnehmung der Bureaugeschäfte bei der Staats- 
anwaltschaft: Lüb. Ges. v. 17. März 1902 (S. 61). 
 
	        
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