Anschauungen und Überzeugungen der Massen. 95
geenung an, ohne daß es irgend welcher Phrasen, Gesten,
Drohungen bedurfte, beim ersten Anblick des künftigen großen
Mannes waren sie zahm. Taine gibt uns nach zeitg@nössischen
Memoiren einen interessanten Bericht über diese Zusammen-
kunit:
„Die Divisionäre, unter anderen Augereau, ein tapferer und
grober Haudegen, der auf seine hohe Statur und seine Tapfer-
keit stolz war, kommen ins Hauptlager, voreingenommen gegen
den kleinen Emporkömmling, den man ihnen aus Paris sendet.
Durch die Schilderung seiner Person ist Augereau in einer
feindseligen Stimmung und von vornherein widerspenstig:
ein Günstling Barras’, ein General vom Vendämiaire, ein
Straßengeneral, den man wie einen Bären betrachtet, weil er
stets allein nachdenkt, ein kleines Gesicht, mit einem Ruf als
Mathematiker und Träumer. Sie werden eingelassen, Bonaparte
läßt auf sich warten. Endlich erscheint er, den Degen um-
geschnallt; er bedeckt sein Haupt, setzt seine Dispositionen
auseinander, gibt ihnen seine Ordres und verabschiedet sie.
Augereau ist stumm geblieben, erst draußen faßt er sich und
findet seine gewöhnlichen Flüche wieder; er kommt mit
Massena darüber überein, dieser kleine Teufeiskerl von General
habe ihm Furcht eingeflößt; er kann die Gewalt nicht ver-
stehen, durch die er sich auf den ersten Blick zerschmettert
fühlte.‘‘
‚Nachdem er ein großer Mann geworden, nimmt sein
Prestige den höchsten Glanz an und wird dem einer Gottheit
für ihre Verehrer mindestens gleich. General Vandamme, ein
revolutionärer, brutalerer und energischerer Haudegen als Au-
gereau, sagte zum Marschall d’Ornano, als sie im Jahre 1815
zusammen die Tuilerientreppe hinaufstiegen:
„Mein Lieber, dieser Teufelskerl fasziniert mich in einer
Weise, die ich nicht begreife. Das geht so weit, daß ich, der
ich weder Gott noch Teufel fürchte, wenn ich mich ihm nähere,
fast wie ein Kind zu zittern beginne, und er würde mich durch
ein Nadelöhr ins Feuer gehen lassen.“