124 Drittes Buch.
nicht aus den Augen. In der Regel gelang ihm die Gewinnung
der Widerspenstigen. Aber einmal traf er in der Provinz einen,
den er dreiviertel Stunden lang mit seinen stärksten Waffen
vergebens bearbeitete, den ersten auf der zweiten Bank, den
siebenten Geschworenen. Es war zum Verzweifeln. Plötzlich
mitten in einem leidenschaftlichen Passus, hält Lachaud inne
und wendet sich an den Vorsitzenden des Gerichtshofes mit
den Worten: ‚Herr Präsident, könnte man nicht den Vorhang
dort herunterlassen, den siebenten Herrn Geschworenen blendet
das Sonnenlicht.“ Der siebente Geschworene errötete, lächelte,
dankte. Er war der Verteidigung gewonnen.“
Verschiedene Autoren, unter ihnen sehr namhafte, haben
in der letzten Zeit die Institution der Schwurgerichte heftig
bekämpft, den einzigen Schutz, den wir gegen die wirklich
sehr häufigen Irrtümer einer kontrollfreien Kaste besitzen!).
Die einen möchten ‚eine bloß den gebildeten Ständen entnom-
mene Jury. Aber wir sahen schon, daß auch dann die Ent-
scheidungen mit den jetzt abgegebenen identisch sein werden.
Andere wieder, die sich auf die von Geschworenen begangenen
1) Das Richteramt ist in der Tat der einzige Verwaltungszweig,
dessen Maßnahmen ohne jede Kontrolle sind. Ungeachtet aller seiner
Revolutionen besitzt das demokratische Frankreich nicht jenes Habeas
corpus-Recht, auf das England so stolz ist. Wir haben alle Tyrannen
verjagt, in jeder Stadt aber haben wir eine Obrigkeit, die nach Be-
lieben über Ehre und Freiheit der Bürger verfügt. Ein unbedeutender
Untersuchungsrichter, der die Rechtsschule kaum verlassen, hat die
empörende Macht, für die er niemandem Rechenschaft schuldig ist, die
geachtetsten Bürger, gegen die er einen Schuldverdacht hegt, ins Ge-
fängnis zu schicken. Er kann sie sechs Monate, ja ein Jahr unter dem
Vorwande der Untersuchung dort behalten und sie dann ohne Ent-
schädigung oder Entschuldigung entlassen. Der Vorladungsbefehl ist
der „lettre du cachet‘“ durchaus analog, nur mit dem Unterschied, daß
die letztere, die mit Recht der alten Monarchie so zum Vorwurf ge-
macht wurde, nur sehr bedeutenden Persönlichkeiten zur Verfügung
stand, während sie heute sich in den Händen einer ganzen Bürgerklasse
befindet, die weit entfernt ist, als die aufgeklärteste und unabhängigste
zu gelten.