Klassifikation und Einteilung der Massen. 139
stürzt. Ein Schriftsteller hat die Tragweite seines Wirkens wie
folgt klar gezeichnet:
„Herrn X... besonders verdanken wir es, daß wir Ton-
king dreimal so teuer erkauft haben, als es hätte kosten dürfen,
daß wir auf Madagaskar nur eine unsichere Position erlangt
haben, daß wir um ein ganzes Reich am unteren Niger ge-
kommen sind, daß wir in Ägypten unsere ehemalige Vorherr-
schaft eingebüßt haben. — Die Theorien des HerrnX... haben
uns mehr an Territorium gekostet als die Niederlagen Na-
poleons 1.“
Wir dürfen dem betreffenden Führer nicht zu sehr zürnen.
Gewiß ist er uns teuer zu stehen gekommen, aber ein großer
Teil seines Einflusses hing mit seiner Anschmiegung an die
öffentliche Meinung zusammen, die in kolonialen Fragen keines-
wegs die von heute war. Selten schreitet ein Führer der Öffent-
lichen Meinung voran, fast immer begnügt er sich damit, ihr
zu folgen und alle ihre Irrtümer zu teilen.
Die Überredungsmittel der Führer sind, abgesehen vom
Prestige, die von uns schon wiederholt aufgezählten Faktoren.
Zu deren geschickten Handhabung muß der Führer, wenigstens
unbewußt, die Psychologie der Massen erfaßt haben und wissen,
wie man zu ihnen zu sprechen hat. Vor allem muß er den
faszinierenden Einfluß der Worte, Formeln und Bilder kennen.
Er muß eine besondere Beredsamkeit besitzen, zusammen-
gesetzt aus energischen, beweislosen Behauptungen und ein-
drucksvollen, von ganz summarischen Reflexionen umrahmten
Bildern. Es ist das eine Art der Beredsamkeit, die sich in allen
Versammlungen, inbegriffen das englische Parlament, das reifste
von allen, findet.
„Wir können,‘ bemerkt der englische Philosoph Maine,
„beständig über Verhandlungen im Hause der Gemeinen lesen,
in denen alle Diskussionen im Austausch recht schwacher Ge-
meinplätze und recht grober Anzüglichkeiten besteht. Auf die
Phantasie einer reinen Demokratie übt diese Art allgemeiner
Formeln eine wunderbare Wirkung aus. Stets wird sie die