Full text: Psychologie der Massen.

Anschauungen und Überzeugungen der Massen. 63 
strengung nur ein Glaube an die Unfehlbarkeit des Lehrers ist 
und die uns nur schwächer und unvermögend macht.“ 
Wäre diese Erziehung nur nutzlos, so könnte man sich 
damit begnügen, die unglücklichen Kinder zu bedauern, denen 
man anstatt so vieler für die Elementarschule wichtiger Dinge 
lieber die Genealogie der Söhne Chlotars, die Kämpfe zwischen 
Neustrien und Austrasien oder zoologische Klassifikationen bei- 
bringt; aber es liegt in ihr eine viel ernstere Gefahr. Sie bewirkt 
bei jenen, die sie genossen haben, einen starken Ekel vor den 
Verhältnissen, in denen sie geboren sind, und die heftige Be- 
gierde, aus ihnen herauszukommen. Der Handwerker will nicht 
mehr Handwerker, der Bauer nicht mehr Bauer bleiben und 
der kleinste Bürgersmann wünscht für seine Söhne keine andere 
Karriere als die Stelle eines Staatsbeamten. Statt die Menschen 
für das Leben vorzubereiten, bereitet die Schule sie nur für 
Staatsämter vor, in denen man reüssieren kann, ohne sich selbst 
beherrschen oder auch nur einen Schimmer von Initiative haben 
zu müssen. Am Fuße der Leiter erzeugt sie jene Armeen mit 
ihrem Lose unzufriedener und stets zu Revolten bereiter Prole- 
tarier, oben aber unsere frivole, zugleich skeptische und gläubige 
Bourgeoisie mit ihrem abergläubischen Vertrauen zur Staats- 
vorsehung, die sie gleichwohl unaufhörlich bekrittelt, indem sie 
stets ihre eigenen Fehler der Regierung in die Schuhe schiebt 
und unfähig ist, etwas ohne die Intervention der Autorität zu 
unternehmen. 
Der Staat, der alle seine Diplomierten mittels Handbücher 
fabriziert, kann deren nur wenige verwenden und läßt die 
anderen ohne Beschäftigung. Er muß also die einen ernähren 
und die anderen zum Feinde haben. Von der Höhe bis zur 
Basis der sozialen Pyramide, vom einfachen Beamten bis zum 
Professor oder Präfekten bestürmt heute die riesige Masse der 
Diplomierten die verschiedenen Ämter. Während ein Kauf- 
mann nur schwer einen Vertreter in den Kolonien findet, wer- 
den die bescheidensten Stellen von tausenden Kandidaten an- 
gestrebt. Das Seinedepartement allein zählt 20000 beschäfti-
	        
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