Anschauungen und Überzeugungen der Massen. 13
der große Conde, sich mit fremden gegen den eigenen Herr-
scher verbanden, in seiner jetzigen Bedeutung verstanden wor-
den? Und hatte dasselbe Wort nicht auch einen ganz anderen
als den heutigen Sinn für die Emigranten, die den Gesetzen der
Ehre zu gehorchen glaubten, wenn sie Frankreich bekämpften,
und die von ihrem Standpunkte jenen tatsächlich gehorchten,
da das Lehnsgesetz den Vasallen dem Lehnsherrn und nicht dem
Lande verband und dort, wo der Herr war, auch das wahre
Vaterland sich befand?
Zahlreich sind die Wörter, deren Bedeutung sich im
Laufe der Zeit so wesentlich geändert hat und die wir ihrem
alten Sinne nach nur mit großen Anstrengungen zu verstehen
vermögen. Mit Recht hat man gesagt, es bedürfe vieler Lek-
türe, um nur zu begreifen, was für unsere Urgroßeltern Wörter
wie „der König“ und „die königliche Familie‘“ bedeuteten. Wie
steht es erst mit noch komplizierteren Ausdrücken!
Die Wörter haben also nur veränderliche und vorüber-
gehende Bedeutungen, die mit den Zeiten und Völkern wechseln.
Wollen wir mittels ihrer auf die Masse wirken, so muß man
den Sinn kennen, den sie für diese im gegebenen Augenblicke
haben, nicht aber jenen, den sie einst besaßen oder den sie
für Menschen von ganz anderer geistiger Beschaffenheit be-
sitzen können.
Wenn also die Massen nach einem politischen Umsturz
oder nach einem Glaubenswechsel eine tiefe Antipathie gegen
die durch bestimmte Worte ausgelösten Bilder erworben haben,
so ist die erste Aufgabe des wahren Staatsmannes die, die Aus-
drücke zu ändern, wohlverstanden ohne an die Dinge selbst zu
rühren, da diese zu sehr an eine ererbte Geistesverfassung
gebunden sind, als daß sie geändert werden könnten. Der
geistreiche Tocqueville hat vor langem schon bemerkt, daß
die Arbeit des Konsulats und des Kaisertums besonders darin
bestand, die Mehrzahl der Institutionen der Vergangenheit mit
neuen Ausdrücken zu bekleiden, d. h. die Ausdrücke, welche in
der Phantasie der Massen verhaßte Bilder hervorriefen, durch