Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. 87 
zeigen kann. Denn es ist selbstverständlich, daß dieser Betrieb seine 
Vorzüge und Schwächen bat, die nicht übersehen, nicht überschätzt und 
auch nicht unterschätzt werden dürfen. Dabei handelt es sich an dieser 
Stelle nur um die wichtigsten Bezichungen allgemeiner Art, bei denen 
verschiedene Irrtümer der landläufigen Auffassung abzuweisen sind. 
Man hat zunächst der öffentlichen Gewalt nachgerühmt, dabß sie 
bei der Beschaffung der Geldkapitalien, die zur Anlage der Verkebrs- 
wege nötig sind, infolge ihres gröheren Kredits unabhängiger von der 
Lage des Geldmarkts sei und deshalb eine gleichmäigere, stetige Ent- 
wickelung des Verkehrsnetzes bewirken könne. Die Aktiengesellschaften 
dagegen seien von der Lage des Geldmarkts abhängig. Nur in Zeiten, 
in denen das Spielgeschäft rege sei, würden sie reichlicher eingreifen, 
und die ganze Entwickelung erfolge deshalb sprungweise. Auf Zeiten 
großber Zurückhaltung folgen Zeiten der Uberstürzung usw. 
Diese Uberstürzung in gewissen Zeiten ist allerdings ohne ent- 
sprechende Genehmigungen seitens des Staates nicht möglich; aber die 
Notwendigkeit der staatlichen Genehmigung gibt noch keine Gewähr dafür, 
daß ein Ubermaß verbindert wird. Es gibt keinen unbedingt sicheren 
Mabstab, nach dem die Erteilung der Genehmigungen so geregelt werden 
könnte, daß zwar das Ubermabß vermieden, aber auch nichts Notwendiges 
versäumt wird. Die Geschichte des Aktienwesens im allgemeinen und 
der Eisenbahnaktiengesellschaften insbesondere hat oft genug erwiesen, 
daß trotz aller Vorsicht und Zurückhaltung bei Erteilung der Genehmi- 
gungen Zeiten überstürzter und übermähiger Gründungen nicht vor- 
gebeugt werden konnte. 
Was den Kredit anlangt, so ist dieser bei den Aktiengesellschaften 
allerdings gerade in Zeiten lebhaften Börsenspiels nach allen Erfahrungen 
sehr ausgedehnt, in anderen dagegen enger begrenzt. Aber der Staat ist 
ebenfalls nicht unabhängig von der Lage des Geldmarkts. In Zeiten leb- 
baften Börsenspiels läßt die Nachfrage nach staatlichen Schuldverschrei- 
bungen nach, in den Zeiten geringeren Börsenspiels finden die öffent- 
lichen Papiere willigere Aufnahme. Wenn der Staat Zeiten der letzteren 
Art benutzt, um an die Erfüllung größerer Aufgaben auf dem Gebiete 
des Verkehrswesens heranzugehen, so ist das klug und dem Ganzen 
dienlich. Wollte er dasselbe in Zeiten erregten Börsenspiels tun, so 
würde er nicht nur das Kapital schwerer, unter Umständen mit empfind- 
lichen Opfern durch Ausgabe der Schuldverschreibungen unter dem Nenn- 
werte, zusammenbringen, sondern selbst zur Steigerung der allgemeinen 
Erregung beitragen. Darin liegt, daß auch dem Staate, soweit er 
von der Lage des Geldmarkts abhängt, die erwünschte Gleichmäbigkeit 
nd Stetigkeit nicht immer möglich ist. Dabß er aber eine gewisse aus- 
gleichende Wirkung durch eine dem vorerwähnten entsprechende An- 
passung seines Verhaltens an die Lage des Geldmarkts auszuüben ver-
	        
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