Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. 89 
nicht der Befriedigung eines allgemeinen Bedürfnisses dienen, und bei 
denen desbalb während ihres ganzen Bestandes eine genügende Unter- 
lage für die Ertragsberechnung fehlt. Das Spielgeschäft, das von den 
Kursschwankungen lebt, wirft sich auf alle Arten von Aktien, die für 
seine Absichten geeignet sind. Die Eisenbahnaktien haben in der Ent- 
wickelung des Spielgeschäfts im wesentlichen nur deshalb eine grobe 
Rolle gespielt, weil sie die Ausbreitung der Ausgeber der börsengängigen 
Papiere, d. h. der Aktiengesellschaften, überhaupt wesentlich ge- 
fördert, und weil sie gleichzeitig so große Massen von Aktien dem Börsen- 
geschäfte zur Verfügung gestellt haben. Nur insofern haben die Eisen- 
bahnaktiengesellschaften, von Ausnahmen abgesehen, zur Verallgemeine- 
rung des Spielverkehrs beigetragen. 
Wenn der Staat die Bekämpfung und Einengung des Börsenspiels 
für seine Aufgabe hält, so erscheint die Ubernahme des Verkehrswesens 
in die öffentliche Verwaltung als ein wichtiges Hilfsmittel insofern, als 
dadurch grobe Massen von börsengängigen Papieren dem Verkehr in ver- 
bältnismähßig kurzer Zeit entzogen und neue Spielpapiere im allgemeinen 
nur wenig geschaffen werden, wenn es sich um kreditwürdige Staaten 
handelt. Dab die Anleihen von weniger kreditwürdigen Staaten von 
dieser Wirkung auszuschließen sind, und dal bei späterer Verschlechte- 
rung der Kreditverhältnisse des Staates die Wirkung eingeschränkt oder 
aufgehoben wird, versteht sich von selbst. 
Als ein besonderer Nachteil der erwerbsgesellschaftlichen Verwaltung 
des Verkehrswesens ist die Gefahr anzusehen, dabß sie dem Bedürfnisse nach 
planmähiger Anlage und allseitiger Verzweigung des Verkehrsnetzes nicht 
genügend Rechnung trägt. Was die Planmähbßigkeit anlangt, so wird 
die Erwerbsgesellschaft ihrer Natur nach nur Linien zu bauen bereit 
sein, die ihr binreichenden Ertrag versprechen. Daß sie dabei immer 
gerade die dem Ganzen dienlichste Führung wählen wird, ist nicht un- 
bedingt sichergestellt, auch dann nicht, wenn das Genchmigungsverfahren 
besteht. Zwar kann der Staat in der Genebmigungsurkunde die Richtung 
der Linie, nötigenfalls auch den Ausbau gewisser Nebenlinien vorschreiben. 
Das wird aber nicht ausreichen, die Planmähigkeit des Netzes allenthalben 
zu sichern, und es wird nicht verhindern, dabß infolge des Widerstreits der 
öffentlichen und der erwerbsgesellschaftlichen Bedürfnisse Linien ent- 
stehen, die nicht in der dem öffentlichen Bedürfnis entsprechenden Rich- 
tung geführt sind. Noch weniger ist beim Genehmigungsverfahren die 
allseitige Verzweigung des Netzes sichergestellt. Man kann zwar seitens 
der Regierung einer Gesellschaft, wenn sie die Genebmigung nvachbsucht, 
die Innehaltung einer bestimmten Linienführung vorschreiben; aber man 
kann nicht erwirken, daß sich freiwillig Gesellschaften bilden für den 
Ausbau aller der Linien, die keine genügende Aussicht auf Ertrag bieten 
und doch aus allgemeinen Rücksichten nötig sind. Das widerspricht
	        
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