4. Kapitel. Die Aufgaben der ösentl. Gewalt gegenüber dem Verkehrswesen. 91
Verwaltung des Verkehrswesens muh es bezeichnet werden, daß sie die
unwirtschaftlichen Wirkungen eines Wettbewerbes der Verkehrswege und
Verkehrsunternehmungen zu vermeiden vermag (siehe oben § 2). Damit
ist nicht gesagt, daß nicht auch die öffentliche Verwaltung in bezug auf
Anlage, Verwaltung und Betrieb unwirtschaftliche Maßnahmen treffen
könne; das hängt wieder von den besonderen Verhältnissen ab. Der
bezeichnete Vorzug ist der öffentlichen Verwaltung nur deshalb grund.-
Sätzlich zuzusprechen, weil er der Zusammenfassung des Verkehrs-
wesens in einer Hand überhaupt eigen ist. An sich steht er auch einer
für das ganze Verkehrswesen alleinberechtigten Aktiengesellschaft zu.
Die Zusammenfassung in einer Hand ermöglicht auch am besten,
wie schon betont ist, die volle Einheitlichkeit der Betriebsordnung und
des Betriebsdienstes unter Vermeidung aller unwirtschaftlichen Abrech-
nungsarbeiten. Auch von der Zusammenlegung des Verkehrswesens in
die Hand der öffentlichen Verwaltung ist deshalb diese Wirkung zu
erwarten; wie weit sie tatsächlich eintritt, ist natürlich wiederum von
den besonderen Verhältnissen abhängig.
Die einbeitliche Leitung durch die öffentliche Verwaltung gestattet
an sich am besten die Durchführung des Grundsatzes, daß die Leistungen
der Verkehrsmittel unter verhältnismähig gleichen Bedingungen jeder-
mann zugängig sein sollen und nicht willkürlich verweigert werden
dürfen; das gilt um so mehr, je weniger einseitig die öffentliche Ver-
waltung auf sonderwirtschaftlichen Reinertrag binzielt, und um 80
weniger, je stärker das Streben nach Reinertrag in den Vordergrund tritt.
Von dem letzteren Umstande hängt es auch ab, wie weit sich die
Tarifbildung den volkswirtschaftlichen Verhältnissen anpabt. Bei öffent-
lichen Unternehmungen ist das im allgemeinen eher zu erwarten.
Der Erwerbsgesellschaft haften beide Vorzüge an sich nicht an,
weil sie ihrem Erwerbsdrange folgt und nur durch weitgehenden Zwang
zu einem anderen Verhalten gebracht werden kann. Bei Zersplitterung
des Verkehrswesens auf viele Gesellschaften feblt auch die Möglichkeit,
die Ausfälle der wenig oder nicht einträglichen Linien durch die er-
tragreichen Linien auszugleichen. Diese Möglichkeit spielt eine grobe
Rolle, wenn es sich um die Berücksichtigung des Gesamtbedürfnisses
bandelt, und außer der öffentlichen Gewalt würde nur noch eine für
das ganze Verkehrswesen alleinberechtigte Gesellschaft in vollem Mahe
auf einen Ausgleich rechnen können. So sehr also auch die öffentliche
Gewalt auf das Gebaren der zersplitterten Gesellschaften einzuwirken
bereit und gewillt sein würde, sie würde schlieblich doch an der Linie
Halt machen müssen, die durch die Unmöglichkeit eines solchen Aus-
gleichs gezogen wird. Andernfalls würde die öffentliche Gewalt in einen
Widerspruch mit sich selbst geraten; denn sie würde auf der einen Seite
das Verkehrswesen Gesellschaften überlassen, die auf den Erwerb an-