Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

98 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
Verkehrsgesellschaften aus öffentlichen Rücksichten einengen kann und 
Will, ist eine Tatfrage. 
Hat die öffentliche Gewalt das Verkehrswesen zum Teil selbst 
in die Hand genommen, zum Teil aber Erwerbsgesellschaften über- 
lassen, so wird in der Regel der staatliche Teil des Verkehrswesens 
von vornherein nach gleichen finanziellen Grundsätzen behandelt werden 
müssen, wie der Teil, der den mitwerbenden Erwerbsgesellschaften 
gehört. Die Frage bedarf deshalb der Erörterung nur für den Fall, daß 
die öffentliche Gewalt bestimmte Verkehrsmittel ganz oder zum weitaus 
überwiegenden Teile in der Hand hat. Hier bieten sich verschiedene 
Wege dar. Es ist zunächst möglich, daß die öffentliche Gewalt ebenso 
wie die Erwerbsgesellschaften einen möglichst hohen Reinertrag anstrebt. 
Die öffentliche Gewalt stellt sich dann auf den Standpunkt der er- 
werbenden Sonderwirtschaft, sie folgt dem „gewerblichen Grundsatze“. 
Wird lediglich zum Zwecke eines höheren Reinertrags die Betätigung 
der nichtöffentlichen Unternehmungen auf dem Gebiete des Verkebrswesens 
ganz ausgeschlossen, dann steigert sich das Gewinnstreben bis zu dem 
Grundsatze, von dem die „Finanzmonopole“, d. h. die lediglich zum Zwecke 
der Einnahmegewinnung errichteten staatlichen Alleinrechte, ausgehen. 
Denn diese sollen unter Ausschliehung des Wettbewerbes der Staats- 
bürger der Staatskasse möglichst viel Geld zuführen. Völlig entgegen- 
gesetzt ist der Grundsatz des „freien Genußguts, der „Unengeltlichken", 
der „reinen Staatsausgabe"“, d. h. der Grundsatz, dab die Verkebrsmittel 
jedermann zur unentgeltlichen Benutzung bereitgestellt werden, während 
die Kosten von der Gesamtheit zu bestreiten sind. Ein Mittelweg ist 
der, daß die volle Deckung aller Selbstkosten, aber nicht die Erzielung 
eines wirklichen Gewinns in erster Linie angestrebt wird, d. h. der 
Gebührengrundsatz. Dieser Gebührengrundsatz kann sich dem gewerb- 
lichen Grundsatze nähern, wenn die Erzielung eines Uberschusses von 
mäbigem Umfange mit ins Auge gefabt wird, wobei natürlich viele 
Abstufungen möglich sind. 
Welcher dieser verschiedenen Wege als der angemessene zu be- 
zeichnen ist, läßt sich nicht leicht allgemein feststellen, da die zeitlichen 
und örtlichen Verschiedenheiten der Verhältnisse hierbei stark mitsprechen. 
Am wenigsten Bedeutung kann zur Zeit die Verwaltung nach den Grund- 
Sätzen der lediglich zur Einnahmegewinnung bestimmten staatlichen Allein- 
rechte („Finanzmonopole“) beanspruchen. Das Verkehrswesen übt eine 
zu große Wirkung auf alle Verhältnisse des Volkslebens aus, als dab 
nicht das Gewinnstreben des Staates durch das allgemeine Verkebrs- 
bedürfnis eine Beschränkung erfahren sollte. Die Ubernahme der Ver- 
kehrsmittel in die öffentliche Verwaltung erfolgt in erster Linie dieses all- 
gemeinen Verkehrbedürfnisses wegen in der Absicht, die allseitige Ver- 
wertung der befruchtenden Wirksamkeit der Verkehrsmittel in wirt-
	        
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