Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

100 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
als werbendes Vermögen zu behandeln, aus ihm also in bestimmten 
Grenzen Reinerträge herauszuwirtschaften, ist schon deshalb nötig, weil 
die Ertraglosigkeit so grober Vermögensteile zu viel stärkerer und 
fühlbarerer Anwendung der eigentlichen Steuern nötigen würde. Diese 
Stecuern würden sich aber durchaus nicht dem verschiedenen Mahe an- 
passen können, in dem die Verkehrsleistungen von den einzelnen in 
Anspruch genommen werden. Uberdies ist es immer klug, in regel- 
mähigen Zeiten nicht alle überhaupt denkbaren Möglichkeiten der 
Besteuerung auszuschöpfen, sondern gewisse Möglichkeiten als Rück- 
halt für schwierige Zeiten zu schonen. Die röllige Ertraglosigkeit 
80 grober Vermögensmassen, wie sie heute in den Verkehrsanlagen 
der öffentlichen Gewalt verkörpert sind, würde ein solches Vor- 
gehen schr erschweren, in manchen Ländern überhaupt unmöglich 
machen. 
Nach dem Grundsatze des freien Genußgutes Vermögensmassen zu 
verwalten, ist jedenfalls nicht vereinbar mit einer gesunden Wirtschafts- 
führung der öffentlichen Gewalt. Die unentgeltliche Darbietung der 
Verkehrsleistungen durch die öffentliche Gewalt kann deshalb nicht zum 
herrschenden Grundsatz erhoben werden. Nur in besonderen Füällen 
kann er berechtigt scein. Tatsächlich wird er bei den Landstraben und 
bei natürlichen Wasserstraben viellach derart angewendet, daß die 
öffentliche Gewalt die Wege herstellt oder verbessert und unterhält und 
sie dann dem Wettbewerbe der Staatsbürger zur freien Benutzung über- 
läht. Ein solches Vorgehen ist insbesondere dann möglich, wenn die 
Anlagekosten entweder zu einem nennenswerten Teile durch Beiträge 
der beteiligten beschafft oder durch die früheren Gebühren bereits ge- 
deckt sind und die Unterhaltungskosten nur geringen Umfang erreichen. 
Dieses Verfahren findet aber keineswegs bei allen Landstraben und 
Wasserwegen statt, und namentlich bei Wasserwegen, deren Regelung 
und Instandbaltung große Opfer erfordert, hat man davon aus berechtigten 
staatswirtschaftlichen Erwägungen absehen müssen. Für Benutzung der 
Häfen und sonstiger besonderer Veranstaltungen für den Wasserstraben- 
verkehr werden ohnehin allgemein bestimmte Vergütungen verlangt. 
Wenn bei Landstraben und natürlichen Wasserwegen in gewissem Um- 
fange der Grundsatz des freien Genußgutes durchgeführt ist, so hängt 
das zum guten Teil damit zusammen, daß auf Landstraßen und Wasser- 
wegen ein kreier Wettbewerb der Frachtführer möglich und weit 
verbreitet ist, während die öffentliche Gewalt sich meist dem eigentlichen 
Verkehrsbetrieb auf diesen Wegen nicht widmet, sondern ihn der Erwerbs- 
tätigkeit der Staatsbürger überläht. Damit verzichtetsie auf eigene Einnahmen 
aus diesem Betriebsdienste, aber die benutzenden haben deshalb doch die 
Verkehrsleistungen nicht umsonst. Benutzen sie eigene Reittiere oder 
eigene Geführte usw., So müssen sie deren Kosten aufbringen und auf
	        
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