Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

102 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen. 
als das allein richtige hingestellt werden kann, namentlich dann nicht, 
wenn er so aufgefaht wird, dab die Gebühren nur einen Teil der Eigen- 
kosten, z. B. die laufenden Kosten, zu decken haben, während andere 
Teile, z. B. die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten, von der 
Gesamtheit mit Rücksicht auf die Vorteile übernommen werden sollen, 
die dem Volksganzen aus Bestand und Wirksamkeit der Verkehrs- 
anstalten erwachsen. Wenn auch kein Zweifel darüber möglich ist, daß 
die Verkehrsmittel der Gesamtheit hervorragende Vorteile verschaffen, 
80 ist doch nicht zu übersehen, daß die einzelnen Benutzer ibrerseits 
unmittelbare und deutlich zutage tretende Vorteile genieben. Es wäre 
deshalb bei Anwendung des Gebührengrundsatzes am richtigsten, die 
Deckung der vollen Selbstkosten zunächst durch die Gebühren der Be- 
nmutzer anzustreben und aus allgemeinen Mitteln nur dann einen Zuschuß 
zu den Selbstkosten zu leisten, wenn ohne solchen Zuschuß das allge- 
meine Verkehrsbedürfnis benachteiligt und der Verkehr gehemmt würcde. 
Zugunsten der Gesamtentwickelung müssen kreilich unter Umständen 
auch Opfer gebracht werden. Der dauernde Zustand kann das aber 
nicht sein. Würde ständig ein solcher Zuschuß nötig sein, so würde 
darin ein Hinweis darauf liegen, daß die Ausgestaltung des Verkehrs- 
wesens über das allgemeine Verkehrsbedürfnis dauernd hinausgeht. 
Dieser ungewöhnliche Fall kann hier auber Betracht bleiben. Unter 
regelmähigen Verhältnissen müssen die Verkehrsanstalten selbst ihre 
Unterhaltungs- und Betriebskosten und die Verzinsung und Tilgung ihres 
Anlagekapitals decken können. Sinkt der Ertrag unter diese Kosten- 
beträge, so ist die Aufrechterhaltung eines solchen Zustandes gegenüber 
der Gesamtheit der Steuerzahler eine harte Unbilligkeit. 
Selbstverständlich ist es nicht nötig, daß jede einzelne Verkehrs- 
leistung und jede einzelne Verkehrslinie die eigenen Selbstkosten völlig 
deckt, was übrigens nur unter den größten Schwierigkeiten zu erreichen 
sein würde. Selbst innerhalb eines groben Erwerbsbetriebs kann es 
unter Umständen als berechtigt erscheinen, an einer Stelle mit Verlust 
zu arbeiten und den Verlust durch die höhberen Erträge an anderen 
Stellen auszugleichen. Der öffentliche Betrieb wird erst recht in diesem 
Sinne nicht nur verfahren können, sondern auch verfahren müssen. Darin 
liegt ja gerade ein wesentlicher Vorzug des öffentlichen Betriebs, daß 
er einen solchen Ausgleich vornehmen, also die schwächeren Linien 
und Gebiete aus Gesamtrücksichten durch die stärkeren stützen kann. 
Der Grundsatz kann demnach nur so aufgefabt werden, daß die 
Gebübren der Benutzer im ganzen die laufenden Unterhaltungs- und 
Betriebskosten sowie die Verzinsung und die Tilgung des Anlagekapitals 
der Verkehrsanstalt decken müssen. Will man diesen Weg genauer 
bezeichnen, so würde man ihn den Grundsatz der vollen Eigenkosten- 
deckung nennen können.
	        
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