106 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen.
beförderung in Frage Kommen kann, wenn die Frachtpreise auf den
Land- und Wasserstraben so hoch werden, dab sie hinausragen über
die besonderen Vorteile, derentwegen der Wasser- oder Landweg ge-
wählt war. Für den Verkehrsunternehmer ist dieser selbe Umstand
ungünstig, auch kommt in Betracht, daß er im allgemeinen auf die
ununterbrochene Ausnutzung seiner Betriebsmittel besonderen Wert legen
muß, namentlich im Dampferverkehre, wo jeder Tag des Stilliegens
bedeutende Kosten verschlingt. Das letztere gilt im stärksten Mabße für
große Seedampber.
Von Wichtigkeit ist auch der Umstand, dab im Binnenverkehre
auf Land- und Wasserstraben die einzelnen Gebiete in der Regel nicht
miteinander in Wettbewerb treten. Das Landfuhrwerk bleibt im all-
gemeinen in der Nähe seines Ausgangsorts im Verkehre, schon deshalb,
weil weite Fahrten bier sehr teuer werden und viel Zeit verschlingen,
während die Gelegenheit zur Rückfracht unsicher ist. Der Frachfubr-
mann in Cöln wird dem in Berlin oder in Königsberg schwerlich Wett-
bewerb machen. Allerdings können sich im Frachtverkehre durch Ver-
bindung mit dem Eisenbahnverkehre die Grenzen der Wettbewerbsgebiete
erweitern, was sich z. B. im Möbelverkehre zeigt. Auch die Kraftwagen
haben das Wettbewerbsgebiet im Landstrabenverkehre vergröbert; sie
bleiben aber in der Hauptsache doch in der Nähe der gröbßeren Orte.
In der Fluß- und Kanalschiffahrt scheiden sich die einzelnen Flubßgebiete
aus mancherlei Gründen ziemlich scharf. Die Unkenntnis der verschie-
denen Fahrwasser ist hierbei schon von großbem Einflusse. Sie könnte
freilich durch einen gut geregelten Lotsendienst unwirksam gemacht
werden. Vor allem aber steht im Wege, dab die einzelnen Flubßgebiete
nicht reichlich genug durch Querkanäle verbunden sind, und daß weder
die Känäle noch die Flüsse gleiche Abmessungen für Fahrwasser,
Schleusen, Brückendurchlässe usw. zeigen. Ein ungehinderter Um-
lauf größerer Fahrzeuge ist daher noch nicht möglich, und bei kleinen
Fahrzeugen wird er verhindert dadurch, daß das Gefälle der Flüsse, die
damit verbundene Stärke der Strömung und die sonstigen Fahrwasser-
verhältnisse verschieden sind und deshalb auch Verschiedenbeiten der
Fahrzeuge bedingen. Je mehr sich Binnenwasserstraßen mit gleichen
Mindestabmessungen aneinander schlieben, desto mehr weitet sich natür-
lich das Wettbewerbsgebiet aus. Im ganzen ist aber die Scheidung der
einzelnen Flußgebiete noch so groß, daß sich der Wettbewerb im wesent-
lichen nur in dem Fluhßgebiete bemerkbar macht, auf dessen Befahrung
die Fahrzeuge eingerichtet sind.
Die Scheidung der einzelnen Gebiete gegeneinander kann für die
Verkehrsunternehmer günstig sein. Sie ermöglicht eine leichtere Ver-
ständigung, da der Kreis der unmittelbaren Wettbewerber nicht allzu
ausgedehnt ist und in verhältnismähig kleinem Gebiete bei einander