5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrswesen. 109
Nachrichtenverkehr vor, falls und soweit er diesen in der Hand hat.
Nur mittelbar können die Versender einen Einfluß ausüben, insofern als
durch den Druck der öffentlichen Meinung oder durch Einwirkung der
Volksvertretung gewisse Anderungen veranlaßt werden können. Auch
die groben Erwerbsgesellschaften, die in einigen Ländern und im Kabel-
wesen den elektrischen Nachrichtenverkehr beherrschen, gehen so vor,
und nur in begrenztem Umfange wird diese Machtstellung durch eigent-
lichen Wettbewerb der verschiedenen Gesellschaften abgeschwächt. In
der Hauptsache ist es bei Eisenbahnen ebenso, gleichviel ob sie im
Besitze und Betriebe von Gesellschaften oder vom Staate sind. Nur
Vew#ender, die regelmäßig grobe Mengen zum Versand bringen, kommen
wohl in die Lage, eine wirkliche Vereinbarung über den zu zahlenden
Preis mit der Eisenbahnverwaltung zu erzielen. Bei den besprochenen
Verkehrsmitteln ist es also die fast ausnahmslose Regel, daß die Preisfest-
stellung einseitig von dem Verkehrsunternehmer ausgeht und in den von
diesem kestgesetzten Tarifen ihren Ausdruck findet, und daß der Einflu!
eines Wettbewerbes der Verwaltungen untereinander entweder nur vor-
übergebend bemerkbar oder von vornherein so gut wie ausgeschlossen
ist. Die Stellung der Verkehrsverwaltung gegenüber dem Versender
ist sonach bei der Preisbildung im Eisenbahn- und Postwesen und im
elektrischen Nachrichtenverkehr überaus günstig.
In welcher Weise die Verwaltungen diese günstige Stellung bei
der Preisbildung ausnutzen, hängt von dem Grundsatze ab, der bei der
fimanziellen Behandlung befolgt wird. Die Erwerbsgesellschaften, soweit
Sie hier in Frage kommen, suchen natürlich ihre Machtstellung zur Er-
zielung möglichst hoher Reinerträge zu verwerten, sind aber an einer
schädlichen Ausnutzung vielfach durch die öffentliche Gewalt gehindert.
Offentliche Unternehmungen müssen in allen Fällen, auch wenn sie auf
Reinertrag binarbeiten, den volkswirtschaftlichen Rücksichten gebührend
Rechnung tragen.
Man kann indes auch bei den hier in Betracht kommenden Ver-
kebrsarten in gewissem Sinne von einer Mindest- und Höchstgrenze
reden. Die Mindestgrenze liegt für die Erwerbsgesellschaften und für
die auf Reinertrag hinarbeitende öffentliche Gewalt da, wo sie dauernd
verbindert sind, Uberschüsse zu erzielen, für die nur volle Eigenkosten-
deckung anstrebende öffentliche Gewalt da, wo die Fortsetzung des Be-
triebs nur durch dauernde Zuschüsse aus allgemeinen Staatsmitteln er-
möglicht werden kann. Die Höchstgrenze wird bei öffentlichen Unter-
nehmungen an dem Punkte zu suchen sein, wo das Verkehrswesen
infolge der hohen Frachtsätze nachläßt, das wirtschaftliche Leben zu
befruchten. Bei Erwerbsunternehmungen liegt die Höchstgrenze da, wo
die Verkehrsverminderung infolge der hohen Frachtsüätze die Reinein-
nahmen herunterdrückt.