Object: Regierungs-Blatt für das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach auf das Jahr 1840.

Bismarck und Windthorst. Die Konservativen. 69 
beschäftigen Sie sich mit Nealitäten und nicht mit Gespenstern der Zukunft“, ries er 
ihnen zu, „und beweisen Sie auch heute das Vertrauen, welches Sie uns bisher ge- 
währt haben.“ Und am 13. Februar, bei der Schlußabstimmung, deutete er greifbar 
an, daß die Regierung selbst vor einem Pairsschub im Herrenhause nicht zurückschrecke, 
um das Gesetz zu stande zu bringen. Er sagte: „Ich darf wohl bestätigen, daß es 
mir auch unklar gewesen ist, daß die konservative Partei die Regierung in einer Frage 
im Stiche lassen werde, in welcher die Regierung ihrerseits entschlossen ist, jedes kon- 
stitutionelle Mittel anzuwenden, um sie durchzuführen.“ Die Mahnung hatte die 
Wirkung, die Konservativen des Abgeordnetenhauses zu trennen, so daß bei der Schluß- 
abstimmung die Mehrheit für das Gesetz auf 52 Stimmen stieg. Der Hauptwider= 
stand der Konservativen war aber natürlich erst im Herrenhause zu überwinden. Hier 
hatten die Gegner der Vorlage diese bis zur Unkenntlichkeit verändert, und Herr 
von Waldow trat hier mit der „Uberhebung“ auf: wenn die Regierung den ge- 
botenen Kompromiß (so nannte er beschönigend die Abänderungen des Herrenhauses) 
nicht annehme, dann müsse sie die unausgesprochene Absicht haben, mit der konser- 
vativen Partei zu brechen. Bismarck erwiderte: 
„Keine Regierung hat je ein Interesse, mit einer konversaliven Partei zu brechen. Aber 
die Partei besorgt das mitunier selbst.“ Die lonservalive Partei habe alles gelhan, um die 
Regierung, wenn sic sich überhaupt drängen ließe, dazu zu drängen, „ihre Anlehnung mehr 
nach links zu suchen“. Die Partei nehne sich heraus, „die Sachen in Wahrheit besser zu 
verstehen als die Regierung und . das ist das Schlimme an dieser Art von Rhetorik, dieser Art 
von Uberkreibung der Nachteile, die doch die Regierung auch erwogen haben muß, daß die Her- 
ren sich dabei gewissermaßen zu Eideshelfern aller der Beschuldigungen machen, die seit Jahr 
und Tag in katholischen Blätlern, von dem bayrischen „Volksfreund bis zur hiesigen „Germaniat 
herab, und von katholischen Rednern ausgesprochen worden sind.“ 
Noch bedeutsamer fast sind die für die Gegenwart noch vollgültigen Warnungen, 
welche Bismarck damals den schmollenden Konservativen betreffs der drohenden ultra- 
montanen Plänc in Deutschland, Frankreich und Italien zurief. 
Nachdem er geschildert, wie Preußen bis zum Kriege gegen Österreich 1866 „in einem von 
ganz Europa beneideken konfessionellen Frieden gelebt“ habe, sagte er: „Dieser Friede begann 
minder sicher für uns zu werden, sowie Preußen mit seiner evangelischen Dynastie eine stärkere 
politische Emwickelung nahm und die Zukunst eines evangelischen Kaisertums in Deutschland 
sich deutlich am Horizont zeigte. Man verlor aber auf der andern (kirchlichen) Seite die Ruhe 
vollständig, als auch die zweite katholische Hauplmacht in Europa (Frankreich) denselben 
Weg ging (wie Osterreich 1860) und Deutschland einsuweilen anerkannt die größte Militärmach! 
und einstweilen, und vielleicht, je nachdem es Gott will, auf längere Zeit hin die größte Schwer- 
kraft in der polilischen Wage wurde, ohne unter einer kalholischen Dynastie zu sichen. Gleich- 
mätig mit dem Wachsen Preußens haben wir die Beeinträchtigung des konfessionellen Frie- 
dens von Hause aus gespürl, und man hat nach vielen Milleln gegriffen, um Wassen gegen uns 
in die Hand zu bekommen.. Ein einflusrreicher Teil des katholischen Klerus, der von Rom aus 
geleitet wird, ist der französischen Politik dienstbar, weil mit ihr die Hosfnungen auf die Wieder- 
herstellung des Kirchenstaates zusammenfallen . Gleichzeitig mil der Revanche gegen Deutschland 
wird auch der Schlag gegen Italien vorbereilet, in der Hosfnung, daß Deulschland durch innere 
religidse Wirren gelähmt werden soll, und daß das klerikale Element, während es in Deulschland 
 
	        
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