5. Kapitel. Die Preisbildung im Verkehrswesen. 133
andere bisherige Beförderungsgelegenheiten in Wegfall kämen, die ihm
die Erreichung seines Reiseziels in annäherd gleicher Zeit und zu an-
nähernd gleichen Tagesstunden ermöglichen würden. In diesem Falle
würde er zur Benutzung des besser ausgestatteten Zuges gezwungen
werden. Die Willigkeit des Reisenden, für besser ausgestattete und be-
qduemere Fahrgelegenheiten höhere Preise zu zahlen, ist sonach von dem
Nebeneinander verschieden ausgestatteter, aber sonst annäbernd gleich
günstiger Fahrgelegenheiten abhängig. Nur unter dieser Voraussetzung
wird der Reisende die Einforderung von Zuschlägen für die besser aus-
gestatteten Fahrgelegenheiten als berechtigt anerkennen. Wenn auch
nach dem gesagten die Gestaltung der Selbstkosten höhere Preise für
die besser ausgestatteten Fahrgelegenheiten zu erklären vermag, so
beruhen doch die tatsächlichen Zuschläge zum allergrößten Teil auf
der Erwägung, daß dem Reisenden hier etwas Besonderes geboten wird,
und dab er davon Gebrauch macht, ohne darauf angewiesen zu sein.
Für kurze Strecken bedeuten solche Zuschläge eine beträchtliche
Verteuerung, die um so mehr ins Gewicht fällt, als die Reisenden im
Nahverkehre besonders gut ausgestattete Wagen meist nicht verlangen.
Die Einhebung des Zuschlags für kurze Strecken erklärt sich aus der
Erwägung, daß von den betreffenden Zügen der Orts- und Nahverkel'r
ferngehalten werden soll. Voraussetzung ist dabei, dab für genügende
anderweitige Fahrgelegenheiten im Nahverkehr gesorgt ist.
Entsprechend sind die Verhältnisse bei Dampfschiffen und Straben-
fuhrwerken zu beurteilen.
Im Güterverkehr entspricht dem eben besprochenen Umstande die
größere Anpassung an die Empfindlichkeit der Güter gegen die Einflüsse
der Witterung, der Wärme und Kälte usw. Wenn z. B. kür bestimmte
Güter erwärmte, für andere künstlich gekühlte Fahrzeuge verlangt
werden, 8o steigert das die Selbstkosten, erhöht aber auch den Wert
der Verkehrleistung für deren Empfünger; ein höherer Preis ist hier also
gerechtfertigt. Das gleiche gilt, wenn für Güter ein besonderer Schutz
gegen die Witterung, z. B. durch Decken, beansprucht wird. Allerdings.
kann damit ein erhöhter Preis dann nicht begründet werden, wenn die
Verkehrsanstalt nach den allgemeinen Bestimmungen verpflichtet ist, die
betreffenden Güter in bedeckten Wagen oder Schiffsräumen zu befördern,
gleichwohl aber nur offene Wagen oder Schiffsräume zur Verfügung
stellt und so den Verfrachter zwingt, die Eindeckung besonders in An-
spruch zu nehmen.
Eine grobe Rolle spielt weiterbin bei der Bemessung der Beförderungs--
preise der Wert der Beförderungsgegenstände selbst und die Leistungsfähig-
keit des Empfängers der Verkehrsleistung. In beiden Fällen dreht es
sich um die Frage, ob die betreffenden Güter und Personen einen
höheren oder geringeren Beförderungspreis tragen können.