138 I. Abschnitt. Das Verkehrswesen im allgemeinen.
Verhältnissen bis ins einzelne angepabte Abstufung vorzunehmen. Aber
in grobhen Zügen muß dieser Gesichtspunkt von der öffentlichen Ver-
kehrsverwaltung, unbeschadet ihres Strebens nach Reinertrag, berück-
sichtigt werden. In den einzelnen Ländern und Zeiten wird sich dabe
die Abstufung verschieden gestalten müssen. Für Deutschland ist von
diesem Gesichtspunkte aus z. B. die möglichst niedrige Frachtbemessung
für Kohle, Erz, Dünger und Getreide ganz unerläßlich. Die nicht-
öffentliche Verkehrsverwaltung wird nicht ohne weiteres die volks-
wirtschaftliche Bedeutung an sich mitsprechen lassen. Tatsächlich wird
sie gleichwohl dem Rechnung tragen, weil es sich dabei nicht selten
um Waren handelt, die reichliche und stündige Beschäftigung der Ver-
kehrsmittel ermöglichen. Soweit das Erwerbsstreben die nichtöffentliche
Verwaltung zu anderem Vorgehen treibt, kann die öffentliche Gewalt
Anlaß zu einer Einwirkung baben, um den volkswirtschaftlichen Rück-
sichten die gebotene Berücksichtigung zu sichern.
Nach allem kommen bei der Preisbildung im Verkehrswesen eine
ganze Reihe von Umständen in Betracht, von denen jeder unter gegebenen
Umständen als berechtigt anerkannt werden muß. JNur einen dieser
verschiedenen Umstände als mabßgebend hinstellen zu wollen, ist einseitig
und nicht zu rechtfertigen. Aber sie sind nicht alle von gleichem Ge-
wicht, wenn man sie unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten be-
trachtet. Welchem der verschiedenen Umstände im einzelnen Falle das
Ubergewicht von der Verkehrsverwaltung beigelegt wird, hängt von den
jeweiligen Umständen ab, insbesondere davon, ob bei der Preisbemessung
lediglich ein möglichst hoher Reinertrag erstrebt wird, oder ob andere
Ziele entweder daneben oder ausschlieblich verfolgt werden.
4. Die Hichtung auf bereinheitlienung der Preise. Schon im
täglichen kaufmännischen Verkehr kann man beobachten, dab sich die
Preise einer bestimmten Warengattung nicht immer genau den jeweiligen
Besonderheiten anpassen, sondern trotz wechselnder Selbstkosten kür
längere oder kürzere Zeiten nach einem gewissen Durchschnittssatze
berechnet werden. Bei den Verkäufern sowohl als bei den Käufern
führt schon das natürliche Beharrungsvermögen vorhandener Erschei-
nungen, dessen Bedeutung für das wirtschaftliche Leben nicht unter-
schätzt werden darf, zu dem Festhalten an den gewohnten Preisen, bis
ein starker Anstoß zu ihrer Veränderung treibt. Wäre dieser Umstand
nicht wirksam, so würde bei dem raschen Wechsel der Marktlage ein
fortwährendes Hin- und Herschwanken der Preise eintreten. Bezeichnen--
derweise gilt das gesagte vorzugsweise für den Kleinverkauf. Das
erklärt sich daraus, daß die Zahl der Verkaufsleistungen hier sehr groß
und der Umfang jeder einzelnen Leistung sehr klein ist. Eine genaue
Anpassung an den Wechsel der Marktlage würde deshalb im Klein-
handelsverkehr zu sehr umständlichen Berechnungen nötigen und dabei