156 II. Abschnitt. Der Strabenverkehr.
grober Massen auf weite Entfernungen hin war im allgemeinen noch
entbehrlich. In bezug auf die Billigkeit der Beförderung haben die
verbesserten Landstraßen und der Ubergang zum Wagenbetrieb schon
einen recht groben Fortschritt bedeutet. Unzweifelhaft haben die Land-
straßen und ihre Verbesserungen das wirtschaftliche Leben früherer Zeiten
erheblich befruchtet. Das Maß ihrer Leistungsfähigkeit genügte den
Anforderungen des Wirtschaftslebens, so lange dieses nicht aus den
Grenzen örtlicher Beschränktheit herausstrebte, und dieses Streben konnte
doch erst nach Ubertragung der Dampfkraft auf den gewerblichen Be-
trieb einen höheren Grad erreichen. Auf der anderen Seite ist aber
nicht zu übersehen, daß die Landstraßen, so lange sie die höchste
Form der Landverkehrswege darstellten, auch das Wirtschaftsleben in
der örtlichen Beschränkheit festhalten mubßten, namentlich wenn das
Stralennetz wenig entwickelt und die technische Leistungsfähigkeit der
Straben und Fahrzeuge nur gering war. Die Langsamkeit der Be-
förderung schloß alle leicht verderblichen Waren und die Höbe der Be-
förderungskosten schloß von vornherein alle geringwertigen Waren von
der Beförderung auf weitere Entfernungen aus. Massenwaren, Rohstoffe,
gewöhnliche Nahrungsmittel und dergleichen Gegenstände konnten die
hohe Fracht nicht tragen und suchten sich der Wasserstraßen zu be-
dienen, wenn sie zur Verfügung standen. Gewisse unentbehrliche, nur an
bestimmten Stellen zu gewinnende Waren, wie 2. B. das Salz, konnten frei-
lich auch auf Landwegen in entferntere Absatzgebiete dringen. Wertvollere
Waren konnten ebenfalls auf weitere Strecken verschickt werden. In der
Tat hatten früher, z. B. im Mittelalter, in der Hauptsache nur die boch-
wertigen Waren ein ausgedehntes, unter Umständen internationales Absatz-
gebiet. Im übrigen aber pabte sich die Erzeugung der Rohstoffe und Lebens-
mittel dem Bedarfe des nächstgelegenen Markorts an. Jeder Marktort
war der wirtschaftliche Mittelpunkt eines beschränkten Kreises. Jeder
dieser Kreise erzeugte in der Hauptsache für den eigenen Bedarf,
lieferte aber für diesen Bedarf auch mit gewissen, durch natürliche
Verhältnisse bedingten Ausnahmen alles. Nur diejenigen notwendigen
Waren, die der Bezirk selbst aus irgend welchem Grunde nicht zu
liefern vermochte, z. B., was oft vorkam, Salz und Metalle, und die
hochwertigen entbehrlichen Gegenstände, bezog man aus anderen
Wirtschaftsgebieten.
Diese örtliche Beschränktheit und Gebundenheit ist nun aber
längst abgestreift. Die wirtschaftliche Tätigkeit ist bis auf geringe
Reste von dem nächstgelegenen Marktort unabbängig geworden. Für
eine Reihe besonders wichtiger Waren ist heute das Land, ja die
ganze Welt Absatzgebiet auf der einen und Bezugsgebiet auf der
anderen Seite.
Unter diesen Umständen ist die Rolle, die das Landstrabenwesen