2. Kapitel. Entwickeluugsgaug. 169
nicht ganz unmöglich zu machen, geschah von den Landesherren für
die Straßen nicht. In anderen Ländern war es nicht besser. In Frank-
reich waren die Landstraßen sehr mangelhaft., und die Anlage von Brücken,
die als ein „gutes Werk“ angesehen wurden, lag lange Zeit hindurch
fäast ausschließlich in der Hand einer besonderen Bruderschaft, des
Ordens der frres pontifes. In England waren die römischen Strahen
ebenfalls verfallen, und der Zustand der Straben wurde immer trostloser.
Zwar hatten die Kirchspielsverwaltungen die Wegeunterhaltungspflicht,
aber sie taten nichts zur Besserung der Straben, da der Handelsverkehr
auch im Innern des Landes in den Händen der von den Königen be-
günstigten, aber dem Volke verhaßten Hanseaten lag. Was an gesetz-
lichen Verordnungen über das Wegewesen in dieser Zeit erging, war
dürftig und half den Wegen nicht auf.
Daß sich auf solchen Straben trotz allelem der Warenverkelr be-
wegen konnte, erklärt sich aus der schon erwähnten Tatsache, daß das
Bedürfnis nach Massenverkehr noch gering und der Wirtschaftsverkehr
im wesentlichen örtlich gebunden war. Von einigen, allgemein ge-
brauchten, aber nur an bestimmten Punkten zu erzeugenden notwendigen
Waren abgeschen, wurden nur entbehrliche wertvolle Waren auf weitere
Strecken befördert, und sie konnten schon manche Erschwerung und
Verteuerung ertragen.
Nach den großben Entdeckungen (des Seewegs nach Ostindien und
Amerikas) bahnte sich allmäblich eine durchgreifende Verbesserung des
Landstraßenwesens an. Der Handelsverkehr nahm eine andere Richtung,
aber auch nach und nach einen größeren Umfang an. Der Verbrauch
überseeischer Waren nahm allmählich zu. Dazu kam im engen
Anschluß an das Erstarken der landesherrlichen Gewalt, die zur Aus-
bildung der unbeschränkten Fürstengewalt führte, das Aufkommen
einer volkswirtschaftlichen Anschauung (des Merkantilsystems), die
in der Ausfuhr von Fertigwarcnm die wesentlichste Quelle des Reich-
tums sah und deshalb den Gewerbfleiß), damit aber auch den Land-
verkehr begünstigte und steigerte. Als dann vollends die grohen tech-
nischen Fortschritte, die auf den englischen Erfindungen beruhten, die
gewerblichen Waren in wachsenden Mengen und mit geringeren Kosten
für das einzelne Stück zu erzeugen gestatteten und sie dadurch breiteren
Schichten des Volkes zugängig machten, aber auch zum Absatze in
größeren Massen nötigten, multe sich das Verkehrsbedürfnis und damit
auch die Notwendigkeit besserer Fahrwege beträchtlich steigern. Dazu
kam das Entstehen eines Nachrichtendienstes, der mehr und mehr auch
der breiten Masse des Volkes dienstbar wurde und — insbesondere durch
Einführung der Schnellposten im späteren Verlaufe der Eotwickelung —
die Anforderungen an die Beschaffenheit der Wege erhöhte. Da
nichtsdestoweniger noch eine lange Zeit verstrich, ehe die Land-