Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

172 II. Abschnitt. Der Strabenverkehr. 
Zwei wichtige Umstände kamen in England der Entwickelung zu 
Hilfe. Zunächst nämlich steigerte der sich ausdebnende, auf die Er- 
findung der Dampfkraft, des mechanischen Webstuhls, der Spinn- 
maschine usw. gestützte gewerbliche Aufschwung Englands den Umfang 
des Verkehrs, verlangte also auch bessere Strahen, die überdies schon 
mit Rücksicht auf die zunehmende Verwendung von Eilpostwagen gang- 
barer gemacht werden muhbten. Ferner aber tauchte in England eine 
wesentlich verbesserte Strabenbauweise auf, die eine grobe Erleichterung 
und Verbilligung der Anlage von Kunststraben bedeutete. Es ist die 
schon erwähnte, von Mác ADAN (geb. 1756, gest. 1836) erfundene Art der 
Beschotterung der Landstraßen (Macadamisierung), die er 1812 in China 
kennen gelernt haben soll. Sie wurde vervollkommnet von Togas 
TrrFonp (geb. 1757, gest. 1836). 
Die Erfindung Mac ADads und TELFORDS beförderte im 19. Jahr- 
hundert, bei dem wir nunmehr angelangt sind, die Entwickelung des 
Strabennetzes allenthalben in hohem Maße. Die zunehmende Entfaltung 
des Gewerbfleißes machte in allen vorgeschrittenen Staaten eine Ver- 
besserung der Landwege nötig, und man ging rüstig ans Werk, nach- 
dem die Stürme der napoleonischen Zeit die Länder aufgerüttelt und 
die Regierungen auf die Bedeutung eines guten Strabennetzes für Ge- 
werbs- und Kriegswesen hingewiesen hatten. Die Wegfronden wurden 
nach und nach beseitigt und grobe Mittel aus der Staatskasse 
bewilligt. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hat sich auf dem Ge- 
biete des Landstrahenbaues lebhaft betätigt. In Deutschland hat 
Napoleon nicht nur durch sein Beispiel gewirkt, sondern auch selbst 
mit der planmähigen Anlage gut befestigter Straben begonnen. Nach den 
Freiheitskriegen haben die deutschen Regierungen tatkräftg zugegriffen. 
Anfangs muhte dabei mancher Widerstand überwunden werden. Manche 
Orte fürchteten Verdienstausfülle, da man glaubte, die Gelegenheit zu Vor- 
spannleistungen mühte durch Verbesserung der Straben verringert werden. 
Mehr und mehr drang aber in allen Kreisen die „UUberzeugung durch, 
daß für das Wirtschaftsleben durch Verbesserung und Ausbau des 
Straßennetzes wichtige Vorteile geboten würden. Jun begannen auch 
die Selbstverwaltungskörper, den Strabenbau kräftig zu fördern und zu 
erleichtern. Preußen, das sich der Aufgabe eifrig annahm, brachte das 
Strabennetz, das 1817 erst rund 3900 km Landstraben hatte, 1828 schon 
auf rund 8000 km, 1832 schon auf rund 8700 km. Auch in den übrigen 
deutschen Staaten, in Österreich und anderen Ländern wurde der Land- 
strabenbau kräftig in die Hand genommen. Einen starken Antrieb er- 
hielt dann fast überall die Entwickelung der Landstraben durch die 
Eisenbahnen. Anfangs lenkten diese, mit deren blendenden Erfolgen 
sich ja keine Landstraße messen kann, zwar die Aufmerksamkeit vom 
Strabenbau ab. Man hat aber sehr bald erkennen müssen, dab die
	        
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