Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

184 II. Abschuitt. Der Strabenverkehr. 
an den Auhensciten die Gefahr seitlichen Umkippens der Dreiräder, 
namentlich bei kurzen Wendungen, mit sich, während das Zweirad durch 
diesen Umstand so gut wie gar nicht berührt wird. 
Oober die jetzige Verbreitung der Fahrräder lassen sich genaue 
Zahlen nicht beschaffen. Dah sie sehr grobß ist, unterliegt Keinem Zweifel. 
Eine gewisse Verschiebung in der Benutzungsart und in den benutzenden 
Schichten ist unverkennbar. Anfangs wurde das Fahrrad überwiegend 
zu Sport-, Vergnügungs- und Erholungsfahrten von besser gestellten 
Kreisen benutzt; jetzt ist es ein wirkliches Verkehrsfahrzeug für breiteste 
Volksschichten geworden, was aber keineswegs seine Verwendung zu 
anderen, besonders zu Erholungszwecken ausschlict. 
Eine weitere neue Erscheinung im Strabenfuhrwerkswesen sind die 
Kraftwagen. Bei ihnen liegt das Neue weniger in der Form und Räder- 
anordnung — diese Dinge sind den vorhandenen üblichen Wagenformen 
nachgebildet, wenn auch im einzelnen vielfach verbessert —, als in der 
Ausrüstung mit wirksamen Kraftmaschinen ohne gleichzeitige Bindung 
an feste Spuren. Dieser Gedanke selbst ist nicht neu. Das 18. Jahr- 
hundert sah schon in den 60 er Jahren einen von CurCNOT erbauten 
Wagen, der durch Dampfkraft getrieben wurde, in Pariser Straben 
laufen. Das Fahrzeug war aber noch so unvollkommen, dabß alle 
Viertelstunden der Maschine Wasser und Feuerung zugeführt und zu 
dem Zwecke die Fahrt unterbrochen werden muhßte. Nachdem Jal#lks 
Wa# durch seine Erfindung der Verwendung des Dampfes als Betriebs- 
kraft neue und erfolgreiche Bahnen gewiesen hatte, und nachdem es auf 
dieser Grundlage gelungen war, brauchbare Dampfwagen zur Fort- 
bewegung auf Schienen zu erfinden, wandte sich die Aufmerksamkeit 
vieler Techniker der Frage zu, ob nicht auch auf der weniger wider- 
standsfähigen und weniger glatten Fahrbahn der Straben und Land- 
straben die Dampfkraft verwendbar war. Das führte — selbstverständ- 
lich nach vielen mißglückten Lösungsversuchen — in England schon in 
den 30 r Jahren des 19. Jahrhunderts nicht nur zur Verwendung von 
Dampfkraftwagen als Vorspann für gewöhnliche Strabenwagen (nach 
der Erfindung von GunNET) sondern auch zu Dampfselbstfahrern, also 
Kraftwagen im heutigen Grundsinne des Wortes. Sowohl als Omnibusse 
wie als Lastwagen wurden damals in London Dampfkraftwagen benutzt. 
Sie waren noch zu schwer, und die Wege waren noch zu schlecht, als 
daß der Erfolg hätte groß sein können, und was etwa erreicht werden 
konnte, wurde durch einengende gesetzliche Vorschriften noch stark be- 
einträchtigt. Zur weiteren Entwickelung ist dieser Dampfkraftwagen- 
verkehr nicht gekommen. 
Ein ebenfalls sehr schwerfälliges Dampfstraßenfahrzeug von RorpEL# 
das im Krimkriege eine gewisse Verwendung fand, war 80 eingerichtet, 
daß das Fahrzeug sich selbst eine Schiene vor die Räder legte und sie
	        
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