Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

202 II. Abschnitt. Der Strabenverkebr. 
verfahren, da diese Dinge durch die Landesgesetze geregelt werden. 
In Niederösterreich sind seit 1891 die Strabenbezirke (mit den Bezirks- 
gerichtssprengeln zusammenfallend) in den Vordergrund geschoben. 
In Deutschland ist „die Herstellung von Land- und Wasserstraben 
im Interesse der Landesverteidigung und des allgemeinen Verkehrs“ nach 
Art 4 der Verfassung der Beaufsichtigung und Gesetzgebung des Reichs 
unterstellt. Tatsächlich sind aber Reichsstraßen nicht vorhanden. Das 
Strabenwesen ist also Sache der Einzelstaaten. Preuben hat durch Ge- 
setz vom 8. Juli 1875 Verwaltung, Eigentum und Unterhaltung der 
Staatsstraben den Provinzialverbänden von Ost- und Westpreuben. 
Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen, Schleswig-Holstein, 
Hannover, Westfalen und der Rheinprovinz, sowie den Bezirksverbänden 
der Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden, den Stadtkreisen Berlin 
und Frankfurt a. M. und dem Landeskommunalverbande von Hohen-- 
Zzollern überwiesen und ihnen dafür eine Jahresrente von 19 Mill. Mark 
gewährt. Gleichzeitig sind den genannten Selbstverwaltungskörpern — 
Hannover nur für das Jahdegebiet — mit Ausnahme von Kassel und 
Wiesbaden an allgemeinen Uberweisungen außer den schon 1873 be- 
willigten 6 Mill. Mark jährlich weitere 7,44 Mill. Mark jährlich zu- 
gewendet, unter deren Verwendungszwecken die „Fürsorge für den 
Neubau von chaussierten Wegen und Unterstützung des Gemeinde- und 
Kreiswegebaues“ ausdrücklich genannt wird. Das Gesetz vom 2.Juni 1902 
bat den zuerst genannten Verbänden (außer Frankfurt a. M.) und dem 
Lauenburgischen Kommunalverbande weitere 7 Mill. Mark jährlich an 
allgemeinen Dberweisungen zugesprochen, die — auber in Berlin — 
u. a. zur „Unterstützung von leistungsschwachen Kreisen (Amtsverbänden) 
und Gemeinden“ auf den Gebieten des Wegewesens sowie beim Bau 
und bei der Unterhaltung von Brücken zu verwenden sind, und ferner 
denselben obengenannten Verbünden (aubßer Berlin) „für den Neubau und 
die Unterhaltung von Kunststraben in Provinz (Bezirksverband, Landes- 
kommunalverband), Kreisen (Amtsverbänden) oder Gemeinden (Guts- 
bezirken) sowie zur Erleichterung der durch den Bau solcher Straben ent- 
standenen Schuldenlasten“ weitere Jahresrenten von zusammen 3 Mill. Mark 
ausgesetzt. Die frühere Gewährung unmittelbarer Staatsbeihilfen an Kreise 
und Gemeinden für ihren Wegebau ist natürlich infolge dieser Gesetzgebung 
eingestellt. Hiernach sind Provinzen, Kreise und Gemeinden in Preuben 
die zuständigen Stellen für Aufbringung der Bau- und Unterhaltungslast 
der Straßen. Die erforderlichen Regelungen sind durch die provinziellen 
Wegeordnungen erfolgt. Die Verpflichtung des Staates zur Unterstützung 
des Wegebaues der Selbstverwaltungskörper ist grundsätzlich durch seine 
jährlichen Beihilfen an die Provinzen usw. für Bau- und Unterhaltung 
der Straßen anerkannt, aber die Ausführung dieser staatlichen Unter- 
stützung gegenüber Kreisen und Gemeinden ist den Provinzen zugewiesen,
	        
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