Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

204 II. Abschnitt. Der Strallenrerkehr. 
Mehbrleistungen („Voraus-“ oder „Präzipualleistungen") ist in Frank- 
reich (und dementsprechend auch in Elsaß-Lothringen) schon in dem 
Gesetze vom 31. Mai 1836 zur gesetzlichen Anerkennung gelangt. Neuer- 
(ings hat besonders Preuhen diesen Gedanken durch seine Wegegesetz- 
gebung in weiterem Umfange durchgeführt im Anschluß an die ent- 
sprechende Bestimmung des hannoverschen Gesetzes über die Gemeinde-- 
wege und Landstraben vom 28. Juli 1851. Die betreffenden Be- 
stimmungen waren zunächst für die einzelnen Provinzen besonders er- 
gangen und haben namentlich in den 20er und 90er Jahren des 19. Jahr- 
hunderts Ausdehnung gefunden. 
Diese Sonderbestimmungen erstreckten sich teilweise auch auf die 
Anlagekosten und waren durch das Gesetz v. 11. Juli 18991 („Ergänzungs- 
gesctz, betreffend die Vorausleistungen zu Wegebauten“) durch einige 
allgemeine Ausführungsregeln ergünzt worden. Eine einheitliche Regelung 
der Frage für den ganzen Staat unter Beschränkung auf die Unter- 
haltungskosten ist durch Gesetz v. 18. Aug. 1902 herbeigeführt worden. 
Die Auferlegung eines besonderen Beitrags zu den Unterbaltungskosten 
von öffentlichen Wegen oder von Brücken, die selbständige Verkehrs- 
anlagen bilden, setzt voraus, daß der Weg oder die Brücke infolge der 
Anlegung von Fabriken, Bergwerken, Steinbrüchen, Ziegeleien oder 
ähnlichen Unternehmungen vorübergehend oder durch deren Betrieb 
dauernd „in erheblichem Mabße abgenutzt“ wird. Der Antrag auf Auf- 
erlegung der Vorausleistung geht von denen aus, deren Unterhaltungs- 
last dadurch gesteigert wird, ohne dabß für die Mehrbelastung in Wege-, 
Pflaster-, Brückengeldern usw. eine Deckung besteht. Die Vorausleistung 
soll „nach Verhältnis dieser Mehrbelastung“ bemessen werden. Die 
zuständigen Behörden sollen über die Anträge „nach freiem, billigem 
Ermessen“ entscheiden. In Ermangelung gütlicher Vereinbarung ent- 
scheidet auf Klage des Wegebaupflichtigen in erster Instanz der Bezirks- 
ausschuß (in einem Teile der Fälle der Kreisausschuh). 
Beim Strabßenwesen haben Sach- und Arbeitsleistungen lange Zeit 
erhebliche Bedeutung gehabt. Schon im Römischen Reiche batten die 
Grundbesitzer zu den von den Gemeinden anzulegenden Nebenwegen 
Geldbeiträge oder Sachleistungen („Naturalleistungen") zu gewähren. 
Im Laufe des Mittelalters erweiterten sich diese Leistungen, namentlich 
in Gestalt der „Wegfronden“, also bestimmter Arbeitsleistungen, sehr 
beträchtlich und bezogen sich auch auf die Hauptstraben. Sie wurden 
abgeleitet aus dem Obereigentum an den Wegen, das gegen Ende des 
15. Jahrh. von den Landesherren in Anspruch genommen wurde. Reste 
davon baben sich bis in unsere Zeit herein erbalten, beschränken sich 
aber jetzt in der Hauptsache auf die von ländlichen Gemeinden unter- 
haltenen Wege niederer Ordnung. Die Gemeindebürger sind darnach 
verpflichtet, entweder mit ihrer persönlichen Arbeitskraft Handdienste
	        
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