Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

3. Kapitel. Die aufgaben der öffentl. Gewalt gegenüber dem Strabenwesen. 205 
oder mit ihrem Gespanne Spanndienste während einer bestimmten Anzabl 
Tage im Jahre für die Wege zu leisten. Meist können diese Leistungen 
in eine Geldleistung umgewandelt werden. Bei den Landstraben sind 
die Hand- und Spanndienste meist beseiligt und in Geldleistungen um- 
gewandelt, z. B. in Grobbritannien durch Gesetz von 1831, in Ungarn durch 
Gesetz von 1890. Osterreich batte sie schon im letzten Drittel des 
18. Jahrh. abgeschafft. In Preußen bhatte das Allg. Landrecht Teil II 
Tit. 15 in § 13— 15 die Leistung der Hand- und Spanndienste bei Unter- 
haltung und Besserung der Wege nach der Anordnung des Staates aus- 
drücklich anerkannt und sie in § 17 ff. auch „bei Anlegung von Chausseen 
oder Dammstraben statt ordinärer Landstrabßen" in dem Umfang auf- 
recht erhalten, in dem sie bei Anlegung gewöhnlicher Landstraßen be- 
standen. Diese Bestimmungen gelten nur noch in Ostpreußen, Posen, 
und in Teilen von Westpreußen und Westfalen. Die neue Wegeordnung 
für Westpreußben vom 27. Sept. 1905 nimmt auf solche Dienste aus- 
drücklich Bezug. Für Posen batte das Gesetz vom 21. Juni 1875 eine 
nähere Regelung gegeben, die in der neuen Wegeordnung vom 
15. Juli 1907 im wesentlichen aufrecht erhalten ist. Die Zahlung einer 
Geldleistung an Stelle der Hand- und Spanndienste war durch das Ge- 
setz von 1875 vorgesehen, ein Weg, der auch sonst beschritten ist. Die 
besonderen früheren provinzialrechtlichen Verpflichtungen zu Hand- und 
Spanndiensten beim Bau oder bei der Unterhaltung der Landstraben 
in Schlesien, Hannover, Schleswig-Holstein und in den Regierungs- 
bezirken Magdeburg und Merseburg sind schon seit längerer Zeit durch 
Kgl. Verordnungen oder Gesetze beseitigt. 
Die Sach- und Arbeitsleistungen für Bau und Unterhaltung von 
Landstraben haben in den vorgeschrittenen Staaten desbalb bis auf ge- 
ringe Reste außer Gebrauch kommen müssen, weil die technischen An- 
forderungen an den Wegebau so gestiegen sind, dab ungeschickte Kräfte 
ihnen nicht mehr gewachsen erscheinen. Uberdies stören die Hand- und 
Spanndienste den wirtschaftlichen Erwerb und Betrieb der Gemeinde-- 
bürger, drücken sehr ungleich und werden nur widerwillig ertragen. 
Den heutigen wirtschaftlichen Zuständen entspricht es in den meisten 
Fällen besser, aus den Mitleln der Selbstverwaltungskörper besondere 
Arbeitskräfte für die Wegearbeiten zu beschaffen. Das geschieht denn 
auch fast ausnahmslos. 
Der Anstob zum Bau neuer Straßen wird in der Regel von der 
ölfentlichen Gewalt gegeben werden müssen, wobei sie sich dem zutage 
tretenden Verkehrsbedürfnis anzupassen hat. Auch die Durchführung 
des Baues mubß unter der Aufsicht der öffentlichen Gewalt erkolgen, 
damit die Strabe diejenige Beschaffenheit erhalte, welche nötig ist. Ob die 
Bauarbeit selbst durch die Kräfte der öffentlichen Gewalt oder durch 
die von ihr heranzuziehenden Erwerbsunternehmer erfolgen soll, läht sich
	        
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