Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

208 II. Abschnitt. Der Strabenverkebr. 
gesellschaften mit dem Rechte, durch Erbebung von staatlich festgesetzten 
Wegezöllen die Kosten zu decken, ins Leben gerufen wurden. In 
Deutschland ist man weder dem einen, noch dem anderen Beispiele ge- 
folgt; eine Einheitlichkeit für das Reich ist aber dabei nicht erzielt 
worden. Preußen hat eine staatliche Behörde für das Strahbenwesen 
überhaupt nicht; die früheren Staatsstrahen sind in die Verwaltung der 
Provinzen übergegangen, und das ganze Landstraßenwesen ist auch 
rechtlich nach Provinzen und ähnlichen Bezirken geregelt. Sachsen, 
Württemberg, Baden, Bayern, Hessen und Elsabß-Lotbringen haben eine 
besondere staatliche Behörde für das Landstraßenwesen, deren Befugnisse 
und Aufgaben aber im einzelnen sehr verschieden festgesetzt sind. Auch 
Sonst ist in den Einzelheiten die Zersplitterung sehr grob. Die Darstellung 
des Inhalts der Wegegesetzgebung im einzelnen liegt nicht im Rahmen 
dieser Arbeit. 
8 2. Die finanzielle Benandlung der Strassen. Die Landstraben 
wurden in früherer Zeit als „Finanzregale“ verwaltet. Man erhob so 
viel Abgaben von den die Wege benutzenden, als möglich war, ohne 
den Verkehr zu unterdrücken, und unterließ es auf der anderen Seite 
oft, die entsprechende Gegenleistung, also Anlage neuer und gute Unter- 
haltung vorhandener Straßen zu bieten. Nicht nur die vielen kleinen 
Gebietsherren, auch die Städte und Gemeinden belasteten den Verkehr 
auf den durch ihr Gebiet hindurchführenden Landstrabenteilen mit Ab- 
gaben sehr verschiedener Bezeichnung, wie Wegegeld, Pflastergeld, 
Dammgeld, Torgeld usw. Auber den Abgaben für die eigentliche Be- 
fahrung der Straßen wurden naturgemäß an Brücken, Fähren usw. inner- 
halb und auberhalb der Orte Abgaben erhboben, und die herrschende 
Unsicherheit entwickelle außerdem in den „Geleitzöllen“ oder „Geleit- 
geldern“ allenthalben besondere Abgaben für die Gewäbrung eines Schutz- 
geleits. Auch die Städte haben rielfach Geleitsberechtigungen er. 
worben. Zeitweise haben die Geleitgelder auf den Landstraßen eine 
größere Bedeutung als die zahlreichen sonstigen Abgaben vom Land- 
strabenverkehr gehabt, und sie haben bis in den Anfang des 19. Jahbr- 
hunderts bestanden. 
Anders als der durchgehende Verkehr mutte natürlich der innere 
Ortsstrabenverkehr behandelt werden. An Brücken und Fähren im Orts- 
bezirke wurden allerdings Gebühren Fvielfach auch von dem inneren Orts- 
verkehr erhoben. Dagegen konnten den Bürgern für das Begehen und 
Befahren öffentlicher Wege und Straben ihres Ortes nicht wohl Ab- 
gaben abgefordert werden. 
Diesem letzteren Verfabren hat sich die neuere Auffassung auch 
in bezug auf die Landstraßen sehr genähert. Die große allgemeine Be- 
deutung des Wegewesens ist so sehr zur Anerkennung gelangt, daß die 
Landstraben im allgemeinen nicht mehr als Einnahmequelle behandelt
	        
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