Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

230 III. Abschnitt. Der Eisenbahnverkehr. 
Die Uberwindung von Höhenunterschieden und die Möglichkeit gerader 
Linienführung, die als der Hauptzweck der meisten dieser Kunstbauten 
anzuschen ist, hat bei den Eisenbahnen zu den verschiedensten Gestal- 
tungen geführt. Kleinere Bodensenkungen werden durch aufgeschüttete 
Dämme, kleinere Höhen durch Einschnitte, vorspringende Bergnasen, 
die eine Landstrabße meist umgehen würde, durch „Anschnitte“ un- 
schädlich gemacht. Größere Taleinschnitte erfordern zu ihrer Uber- 
windung Brücken und Talbrücken („Viaduktet) die bei starker Belastung 
durch den Eisenbahnverkehr den höchsten Anforderungen genügen 
müssen und der Technik zum Teil gewaltige Aufgaben gestellt haben. 
Diese Bauwerke erreichen oft eine große Länge. Die große Lagunen- 
brücke bei Venedig ist über 3,5 km lang, die Godaweribrücke (Vorder- 
indien) über 2,7 km, die Tay- und Forthbrücke rund 2,5 km, die Brücke 
über das Hollandsche Diep bei Rotterdam 1432 m, die Weichselbrücke 
bei Fordon 1325 m usw. Wasserreiche Länder haben in zahlreichen 
Fällen zu Brückenanlagen für Eisenbahnen greifen müssen. Schluchten- 
reiche Gegenden erfordern viele Talbrücken (Viadukte), die zum Teil 
ebenfalls zu bewunderungswürdigen Riesenwerken ausgestaltet sind, wie 
die 80 m hohe und 574 m lange Göltzschtalbrücke. In Deutschland 
hatten 1910 die vollspurigen Staats- und Privatbahnen 534 Talbrücken 
mit einer Gesamtlänge von 73759 m, davon bei den Staatsbahnen im 
Preußen 297 mit 38 756 m, im Kgr. Sachsen, wo das Vogtland und das 
Vorland des Erzgebirges viele solche Anlagen erfordern, 170 mit 23172 m. 
Größere Bodenerhöhungen, deren Umgehung einen zu grohben Umweg 
erfordern, und deren Wegschaffung unmöglich oder zu schwierig und 
kostspielig ist, werden durch Tunnel durchschnitten. In Gebirgsgegenden 
wächst die Zahl der Tunnel oft sehr bedeutend an. Die Babnen über 
die Alpen, die österreichischen und italienischen Bahnen sind sehr reich 
an Tunneln. Durch den St. Gotthard führt ein zweigleisiger Tunnel 
von 14990 m Länge. Der Mont-Cenis-Tunnel ist 12233 m, der Kodschak- 
tunnel 10281 m, der Arlbergtunnel 10270 m, der Giovitunnel 8260 m 
lang usw. Tunnel werden auch benutzt, um Bahnen unter Strömen 
durchzuführen, was Ssowohl für Fernverkehr als auch für Ortsverkehr 
in Frage kommt. Der Tunnel unter dem Severn in England ist rund 
5 km lang; er dient dem Fernverkehr. Für den Nah- und Ortsverkehr 
sind u. a. bestimmt der Hudsontunnel zwischen Neuyork und Jersey, 
der Merseytunnel zwischen Liverpool und Birkenbead, die Themsetunnel 
in London usw. In Deutschland hatten die vollspurigen Staats- und 
Privatbahnen 1910 im ganzen 639 Tunnel mit einer Länge von 59678 m 
für ein Geleise und von 165251 m für zwei Geleige. Der längste 
deutsche Tunnel (4206 m) ist auf der Moselbahn bei Kochem. Ihm folgt 
der im Bau begriffene Tunnel bei Elm mit 3500 m, der Tunnel unter 
der Brandleite mit 3030 m.
	        
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