Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

246 III. Ahschnitt. Der Eisenbahnverkehr. 
Zu beachten ist dabei, daßb die Wagen im allgemeinen größer gewor- 
den sind. 
Am meisten ist die gesteigerte Leistungsfähigkeit der Lokomotiven 
zur Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit verwertet worden. Darin sind 
große Fortschritte erzielt worden, aber weniger im Güter- als im Per- 
Ssonenverkehr. Die Grundgeschwindigkeit ist allerdings auch bei Güter- 
zügen ganz ansehnlich und bewegt sich zwischen 30 und 40 km in der 
Stunde. Sie kann z. B. in Deutschland nach der Eisenbahnbau- und 
Betriebsordnung vom 4. November 1904 auf Hauptbahnen bis auf 45 km, 
unter besonders günstigen Verhältnissen mit Genehmigung der Aufsichts- 
behörde bis auf 60 km in der Stunde gesteigert werden. Aber die 
großen Zeitverluste der Güterzüge auf den Babnhöfen infolge der zeit- 
raubenden Verschiebearbeit schränken die eigentliche Reisegeschwindig- 
keit, die ja stets kleiner sein muß, als die Grundgeschwindigkeit, sehr 
beträchtlich ein, und für den gewöhnlichen Güterverkehr ist deshalb mit 
einer nach unseren heutigen Begriffen langsamen Beförderung zu rechnen. 
Besonders eilbedürftige Güter kommen freilich schneller ans Ziel. Da- 
gegen bringen es die Züge im Personenverkehr jetzt auf bedeutend 
größere Grund- und Reisegeschwindigkeiten als früher. SrEPHENONS 
Rocket leistete bei seiner Wettbewerbsfahrt einige 30 km in der Stunde. 
Es gibt jetzt noch einige Länder, die im Durchschnitt nicht wesentlich 
Garüber hinauskommen. Aber in den Ländern mit schnellerem Betriebe, 
wie Frankreich, England, der Vereinigten Staaten von Amerika, Deutsch- 
land, OÖsterreich usw., sind großbe Beschleunigungen erreicht worden. 
In Gsterreich war 1842 die zulässige höchste Grundgeschwindigkeit im 
Personenverkehr 38 km in der Stunde, 1847: 46 km, 1851: 53 km, 
1876: 80 km, und einzelne Schnellzüge gehen noch darüber hinaus. Das 
deutsche Bahnpolizeireglement vom 30. November 1885 bezeichnete als 
zulässige Höchstgeschwindigkeit für Personenzüge 75 km, die aber 
bei besonders günstigen Verbältnissen mit Genehmigung der Aufsichts- 
behörde bis auf 90 km in der Stunde gesteigert werden kann. Die 
Betriebsordnung für die Hauptbahnen Deutschlands vom 5. Juli 1892 
behält diese Obergrenze bei und gestattet im übrigen 80 km Grund- 
geschwindigkeit bei Personenzügen mit durchgehender Bremse und 
60 km bei Personenzügen ohne durchgehende Bremse. Für Züge der 
letzteren Art beläßht es auch die jetzt geltende Eisenbahnbau- und Be- 
triebsordnung vom 4. November 1901 bei 60 km; dagegen erweitert 
sie die Obergrenze bei Personenzügen mit durchgehender Bremse auf 
100 km und gestattet in beiden Fällen bei besonders günstigen Ver- 
bältnissen eine Uberschreitung mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 
Ungünstige Streckenverhältnisse bedingen natürlich Einschränkungen. 
In Deutschland stellen sich nach den Berechnungen in dem Werke „Das 
deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart“ (Berlin 1911, Bd. I S. 306)
	        
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