Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

3. Kapitel. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahnen. 265 
anlagen. In bezug auf den Personenverkehr, den die Eisenbahnen selbst 
im Anfange für die Hauptsache ansahen, überwand man die Bedenken 
der Anfangszeit schneller. Man sah bald ein, daßbß man vom Eisenbahn- 
fahren nicht krank wurde, daß man in den Tunnels nicht erstickte und 
dgel. mehr. 
Inzwischen baben die Eisenbahnen in den genannten Beziehungen 
ihre Leistungen sehr vervollkommnet. lhre Schnelligkeit ist, wie schon 
erwähnt, gegen die Anfangszeit, besonders beim Personenverkehr, be- 
deutend gesteigert und läßt die früher angestaunten Schnellposten mit 
15—16 km in der Stunde und noch mehr den früheren Frachtverkehr mit 
höchsten 6 km in der Stunde weit binter sich. Das hat viele Güter in 
die Beförderungsfähigkeit hineinwachsen lassen, die früher der langen 
Beförderungszeit nicht gewachsen waren. Die gröbere Schnelligkeit ver- 
bindet sich mit viel häufigeren Beförderungsgelegenheiten und mit einem 
hohen Grade von Pünktlichkeit. Nur um 1 v. H. im ganzen wird in 
Deutschland die fahrplanmähige Zeit überschritten. Allerdings wird nicht 
in allen Staaten mit gleicher Pünktlichkeit gefahren. Die amerikanischen 
Bahnen z. B. stehen darin den deutschen entschieden nach. 
Der Eisenbahnverkehr hat ein hohes Maß von Unterbrechungslosig- 
keit, was ihm namentlich gegenüber den Wasserstralen einen wichtigen 
Vorsprung gibt. Ganz unabbängig von Naturereignissen ist er kfreilich 
nicht. Durch langen und starken Regen und durch übertretende Wild- 
wässer treten Unterwaschungen und Dammrutschungen ein, die den 
Betrieb stören. In Preußben sind 1910 solche Störungen in 41 Fällen 
bis zur Dauer von 2 Tagen, in 8 Fällen von längerer Dauer (bis 
zu 21 Tagen) eingetreten, im Vergleich zur riesigen Ausdehnung des 
Verkehrs also sehr selten. Auch Schneeverwehungen können zu Ver- 
kehrsstockungen führen, die allerdings stets nur von kurzer Dauer sind 
und auch selten vorkommen, in Preußen z. B. 1910 nur 37 Mal. Die 
Beseitigung dieser Hindernisse erfordert übrigens beträchtliche Kosten. 
Für die Schneeräumungen gaben die deutschen vollspurigen Bahnen 1910 
rund 3,97 Mill. M., 1909 rund 5,6 Mill. M., 1907 sogar 7,6 Mill. M. aus, 
was 67, 97 und 136 M. für 1 km der unterhaltenen Strecken ausmacbt. 
Die Schneepflüge, mit denen die Züge sich durch nicht zu hohe Schnee- 
schichten durcharbeiten können, sind wie so vieles andere verbessert 
und leistungsfähiger geworden. Alle solche Störungen sind unbedeutend 
gegenüber der günzlichen oder teilweisen Lahmlegung des Schiffsverkehrs 
auf Flüssen und Kanälen durch Eis- und Wasserstandsverhältnisse. 
Die Anpassung der Beförderung an die besondere Beschaffenheit 
der Güter und an die Bedürfnisse der Reisenden, insbesondere der Schutz 
der Güter und Personen gegen Witterungseinflüsse, die Bequemlichkeit 
und Ausstattung der Personenwagen, die Sicherheit des Verkehrs über- 
haupt, ist viel höher entwickelt, als in der Anfangszeit, wenn auch in-
	        
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