3. Kapitel. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Eisenbahnen. 271
Verlangen nach guten Landwegen gesteigert. In neuerer Zeit haben
Nebenbahnen und Kleinbahnen zum Teil die Aufgabe, eine Verbin-
dung zwischen den Hauptbahnen und den abseits gelegenen Gebieten
herzustellen, gelöst. Die Landstraben werden aber auch dadurch nicht
entbebrlich. Ubrigens zeigt sich in dem Aufkommen der Neben- und
Kleinbahnen, daß die an sich etwas starre Form der Eisenbahn doch
in böherem Mabße den besonderen Bedürfnissen angepabht werden kann,
als man eine Zeit lang glaubte.
Darin liegt der Hauptvorzug der Kleinbahnen. Sie können sich
leichter als die grobßen Bahnen den Geländeverhältnissen anpassen und
in Gebiete dringen, die von den großen Bahnen nicht berührt werden
können. Die geringeren Anlagekosten der Kleinbahnen erleichtern es
überdies, viele Gegenden mit Bahnverbindungen auszustatten, die auf
Vollbabnen schon mit Rücksicht auf die groben Kapitalaufwendungen
noch lange nicht oder überbaupt nicht würden rechnen können. Dazu
kommt, dabß private Anschlußgeleise im Kleinbahnbetriebe weit weniger
Störungen und Schwierigkeiten veranlassen, also auch leichter zu erreichen
sind, als bei den Vollbahnen. Die eigentliche Bedeutung der Klein-
bahnen besteht deshalb in Ländern mit ausgebautem Vollbahnnetze
darin, den Nachteil abzuschwächen oder zu beseitigen, den die vom
Vollbahnnetze nicht erfaßten Gebiete in ihrem ganzen Wirtschaftsleben
gegenüber den anderen erleiden.
In den Pflanzgebieten mit noch unentwickeltem Wegenetze sind die
Kleinbahnen in bezug auf Anlage und Ausrüstung vielfach als Vor-
bild benutzt worden, da die allgemeinen Verhältnisse oft den kost-
spieligen Bau und Betrieb von Vollbahnen noch nicht gestatten würden.
Die Länge der herzustellenden Verbindungen führt in den Pflanzstaaten
freilich oft über den Begriff der Kleinbahn als einer Nahbahn hinaus.
Im übrigen erlebt man jetzt in den Pflanzgebieten eine zwar nicht so
massige, aber im einzelnen oft noch tiefergreifende Umgestaltung der
gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse durch das Aufkommen der Eisen-
bahnen, als sie die europäische Kulturwelt seit den 30 er Jahren des
19. Jahrhunderts durchmachte.
Die innerstädtischen Strabenbahnen endlich, die Nahbahnen im
engsten Wortsinne, haben vor allem die Aulgabe und die Wirkung, das
überaus gesteigerte städtische Personenverkehrsbedürfnis im Innern und
von und zu der nächstgelegenen Umgebung zu befriedigen. Das Er-
werbs- und sonstige Leben der großen Städte hält die Bevölkerung mit
kurzer Unterbrechung in starker und ständiger Bewegung. Die Haupt-
geschäftsgegenden der Städte werden von Wohnbevölkerung mehr und
mehr entblöhßt. Die Bevölkerung, die in der Grobstadt arbeitet und
ihrem Erwerbe nachgeht, hat ihren Wohnsitz zu einem ansehnlichen
Bruchteil in die Außen- und Vorortbezirke verlegt. Zu gewissen Zeiten