310 III. Abschnitt. Der Eisenbahuverkehr.
Von noch größerer Bedeutung als die Tätigkeit des vorgenannten
Vereins ist das internationale Ubereinkommen vom 14. Oktober 1890,
das für die internationalen Sendungen als Staatsvertrag zwischen einer
Reihe von Staaten vereinbart wurde und dadurch tatsächlich ein ein-
heitliches Frachtrecht geschaffen bat. An dem Ubereinkommen sind
jetzt beteiligt Deutschland, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich,
Italien, Luxemburg, die Niederlande, Osterreich-Ungarn, Rumänien, Rut-
land, Schweden, die Schweiz, Serbien, d. b. Gebiete mit über 250 000 km
Eisenbahnen (rund 1 aller Eisenbahnen der Erde), gegen 152 500 km
i. J. 1893. Das Ubereinkommen hat später noch Ergänzungen erfahren.
Durch das ’bereinkommen ist auch eine neue völkerrechtliche Stelle
geschaffen worden, das Zentralamt für den internationalen Eisenbahn-
transport zu Bern, das seit dem 1. Januar 1893 in Tätigkeit ist.
Die Aufgaben des Zentralamts sind nach Art. 57 des Uberein-
kommens folgende. Das Zentralamt bat die Mitteilungen der vertrag-
schliebenden Staaten und beteiligten Eisenbahnverwaltungen entgegen-
zunehmen und den übrigen Staaten und Verwaltungen zur Kenntnis zu
bringen; es muhß ferner alle für das internationale Transportwesen wich-
tigen Nachrichten sammeln, zusammenstellen und veröffentlichen, zu wel-
chem Zwecke es eine besondere Zeitschrift herausgibt. Weiter muß das
Zentralamt die Abänderungsvorschläge zu dem internationalen Uberein-
kommen geschäftlich behandeln und nötigenfalls das Zusammentreten
einer neuen Vertreterversammlung der Vertragsstaaten vorschlagen, die
übrigens nach Art. 59 mindestens alle 3 Jahre zusammentreten muß.
Demnächst ist das Zentralamt Schiedsgericht für Streitigkeiten der Bahnen
unter einander auf Anrufen der Parteien und ferner Vermittlungsstelle
für die Abwickelung der durch den minternationalen Transportdienst ent.-
stechenden finanziellen Beziehungen der beteiligten Verwaltungen. Weiter
hat nach § 58 das Zentralamt die Liste der Vertragsbahnen auf dem
laufenden zu halten.
Nach dem besonderen Abkommen, das bezüglich des Zentralamts
vereinbart ist, wird der schweizerischce Bundesrat mit der Einrichtung
des Amtes und der Ubernahme der Geschäftsführung betraut. Der Sitz
des Amtes ist Bern. Die Kosten dürfen bis auf weiteres 100 000 Frs.
Jjährlich nicht überschreiten. Sie werden gedeckt durch Beiträge, die von
den einzelnen Staaten nach dem Verhältnisse der Länge ihrer von dem
Ubereinkommen betroffenen Bahnen aufgebracht werden.
Nach den bezüglich der Einrichtung ergangenen Beschlüssen des
Schweizer Bundesrats vom 21. Oktober 1892 erscheint als Aufsichts-
stelle für das Zentralamt das schweizerische Post und Eisenbahndeparte-
ment. Das Amt selbst besteht aus einem Direktor, einem Stellvertreter
des Direktors, je einem juristischen und technischen Sekretär und dem
nötigen Kanzleipersonale.