Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

314 III. Abschnitt. Der Eisenbahnverkehr. 
Eine Unteramn der Stationstarife sind die Schnittarife. Hier werden 
die sämtlichen im Tarife berücksichtigten Beförderungsstrecken in zwei 
Teile zerlegt, deren einer von der Abgangsstelle bis zu einer bestimmten 
Stelle (dem gemeinsamen Schnittpunkte) und deren zweiter vom Schnitt- 
punkte bis zur Bestimmungsstelle gerechnet wird. Für jeden Teil 
werden die Frachtsätze besonders angegeben, sodaß zur Ermittelung 
des Gesamtfrachtsatzes beide Sätze zusammengerechnet werden müssen. 
Der Schnittarif enthält deshalb zwei Taleln, der gewöhnliche Stations- 
tarif dagegen nur eine. Der häufigste Anlaß zur Aufstellung von 
Schnittarifen ist das Vorhandensein zweier benachbarter Bahnverwal- 
tungen. deren Linien in dem Schnittpunkte zusammenlaufen, z. B. belgi- 
sche und preubßische Bahnen, deren Schnittpunkt an der Grenze liegt. 
Innerhalb des Gebiets derselben Bahnverwaltung werden Schnittarife 
angewandt, wenn auf den Linien verschiedenartige Tarifbildungen 
bestechen. Schneiden die Linien zwischen den beiden Verkehrsgebieten 
Sich nicht in einer Station, so bedarf es mehrerer Schnittpunkte. Bis- 
weilen wird auch nur ein angenommener („imaginärer“) Schnittpunkt 
benutzt. Verwandt mit den Schnittarifen sind die Anstobtarife. Beim 
Anstoßtarif erhalten nur gewisse Knotenpunkte (Ubergangs- und Al- 
zweigepunkte) ausgerechnete Frachtsätze. Alle übrigen Bahnstellen 
erscheinen in einer zweiten Tafel mit denjenigen Frachtsätzen, welche 
an die eines bestimmten Knotenpunktes „anzustolen“ sind, um die Ge- 
Samtfracht zu ermitteln. Der Anstolßt kann auch an zwei Knotenpunkten 
Vorgesehen sein, wobei dann grundsätzlich der Anstoß gewählt wird, der 
die niedrigste Gesamtfracht ergibt. 
Vollkommen anders eingerichtet sind die Entfernungstarife (Kilo- 
metertarife, Meilentarife, Wersttarife usw.). Der Entfernungstarif enthält zu- 
nächst eine Ubersicht über die Entfernungen zwischen sämtlichen im Tarife 
genannten Bahnstellen („Kilometerzeiger"t) und auberdem eine Tael, 
in der auf jede vorkommende Entfernung der Tarifsatz für die Beförde- 
rungseinheit angegeben ist. Um den Gesamtbetrag der Fracht zu be- 
berechnen, mutß man im Kilometerzeiger die Entfernung zwischen Ab- 
gangs- und Bestimmungsstelle, alsdann in der zweiten Tafel den für 
diese Entfernung angegebenen Frachtsatz aufsuchen und diesen Fracht- 
Satz mit der Zahl der Beförderungseinheiten vervielfältigen. Das Ver- 
fabren ist also umständlicher als beim Stationstarife, aber doch bei einiger 
„Ubung leicht durchzuführen. Die Herstellung dieser Tarife ist billiger 
als die der Stationstarife. 
Vom Erwerbsstandpunkte der Privatbahnen ist diejenige Gestaltung 
und Höhe der Tarife die beste, welche dem Erwerbstriebe dauernd am 
meisten dient. Vom Standpunkte der staatlichen Finanzverwaltung aus 
verdient bei den Staatsbahnen diejenige Gestaltung und Höbe der Tarife 
den Vorzug, welche die Einnahmegewinnung in dem durch die Staats-
	        
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