Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

316 III. Abschnitt. Der Eisenbabnverkehr. 
tätig werden, ohne freilich mit ibren Beschlüssen immer den Einflul 
zu gewinnen, den die beteiligten Kreise erwarten. 
Als Grundlage der Tarifbemessung können nach dem im I. Ab- 
schnitte dargelegten die „Selbstkosten“ nicht angeschen werden. Sie 
haben nur die Bedeutung, daß sie die unterste Grenze bezeichnen, unter 
die in der Regel und auf die Dauer die Beförderungspreise nicht sinken 
dürfen. Die Ertragsfähigkein des Bahnunternehmens würde in Frage 
gestellt, wenn durchweg und dauernd durch die Beförderungspreise die 
Selbstkosten nicht mehr gedeckt würden. Dabei kann aber nicht der 
Selbstkostensatz der einzelnen Verkehrsleistung herangezogen werden. 
Eine solche Berechnung ist unmöglich. Jede einzelne Verkehrsleistung 
setzt sich aus zahlreichen Einzelleistungen zusammen, für die eine be- 
sondere Kostenermittelung nicht durchführbar ist. Uberdies bängen die 
Kosten der einzelnen Leistung vom Umfange der Verkehrs ab. Die 
Selbstkosten der Eisenbahnleistung umfassen zu 31 solche Beträge, die in 
ihrem Gesamtbetrage von dem Umfange der Verkehrsleistung unabhängig 
sind: „feste Selbstkosten", Grundkosten. Zu diesen gehört zunächst Ver- 
zZinsung und Tilgung des Anlagekapitals. Manche wollen sie den Selbst- 
kosten nicht zurechnen, weil sie den Begriff Selbstkosten lediglich auf die 
Betriebskosten beziehen. Will man einen so engen Begriff der Selbstkosten 
annehmen, so müssen die Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals. 
da sie doch unter allen Umständen durch den Ertrag der Verkehrs- 
leistungen gedeckt werden müssen, neben den Selbstkosten im engeren 
Sinne bei der Festsetzung der Beförderungspreise berücksichtigt werden. 
In Preußen ist es üblich, Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals 
den Selbstkosten der Eisenbahnen zuzurechnen, und zwar rechnet man 
im allgemeinen auf diesen Teil die Hälfte der gesamten Selbstkosten. 
Zu den Grundkosten gebört weiter etwa die Häflte der eigentlichen 
Betriebskosten; denn die Unterhaltung der Gebäude, des Bahnkörpers, 
der Schienen, auch ein Teil der Kosten der Betriebsstoffe, der Besol- 
dungen usw. wird durch den Umfang des Verkehrs nicht in demselben 
Mabße gesteigert, sondern wächst viel langsamer als dieser oder wird 
wie die Besoldung der zur Aufrechterhaltung des Geschäftsganges 
und Betriebs notwendigen Mindestzahl der Beamten — durch den Ver- 
kehrsumfang überhaupt nicht unmittelbar beeinflußt. Nur die eigent- 
lichen Arbeitskosten, d h. die andereHälfte der Betriebskosen oder ½ 
der ganzen Selbstkosten, also die Kosten derjenigen Arbeistleistungen 
aller Art, welche zur Verwirklichung der einzelnen Verkehrsleistungen 
erforderlich sind, werden unmittelbar durch den Verkehrsumfang beein- 
flußt. Sie heiben auch wohl „veränderliche Selbstkosten“. Demnach 
sind 3/4 der ganzen Selbstkosten als Grundkosten nicht unmittelbar von 
dem Verkehrsumfang abhängig, und das gilt so lange, als der Umfang 
der Verkehrsleistungen über die Grenzen der Leistungsfähigkeit der vor-
	        
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