Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

5. Kapitel. Das Tarifwesen. 327 
Emladung der Bahnverwaltung weniger Arbeit und Kosten verur- 
sache und weniger Beamte erfordere, so darf man nicht vergessen, 
daß# dies nur durch Abschiebung eines Teiles solcher Arbeiten auf 
die Versender ermöglicht worden ist, daß also für die Gesamtheit ein 
besonderer Vorteil in dieser Hinsicht schwer zu erweisen sein dürfte. 
Den Vorteilen, von denen nur die bemerkenswertesten hier mit 
den nötigen Einschränkungen angeführt sind, wird als Hauptnacbteil 
gegenüber gestellt, dab der Tarif den Gewinn der Bahn schmälere, weil 
man nur einen sehr niedrigen Frachtsatz anwenden könne, um die 
schwereren geringwertigen Güter nicht fern zu halten. Das ist richtig. 
Daraus ergibt sich sofort, dab der Wagenraum- und Gewichtstarif da 
nicht am Platze ist, wo die Frachten noch Zuschläge zur Herauswirt-- 
schaftung eines Reingewinnes enthalten müssen. Das ist heute durchweg 
der Fall. Man muß deshalb den Frachtsatz so bemessen, daß durch 
seine Erträge die volle Eigenkostendeckung überschritten wird. Ein 
solcher Frachtsatz wäre aber für die wenig belastungsfähigen Massen- 
güter zu hoch, so dab für diese durch Ausnabmetarife besondere Vor- 
kehrungen getroffen werden müssen. Damit geht der Vorteil der Ein- 
fachheit und Ubersichtlichkeit zum guten Teil wieder verloren. Als 
das beste und allgemein anwendbare Verfahren kann man deshalb den 
Wagenraum- und Gewichtstarif nicht bezeichnen. Seine Anwendung 
würde sich nur da empfehlen, wo sich die finanzielle Bebandlung 
der Eisenbahnen nach Lage der Verhältnisse lediglich auf die volle 
Eigenkostendeckung beschränken kann. Dieser Zustand ist nirgends 
erreicht. 
Im Gegensatze zu der ausschlieblichen oder vorzugsweisen Berück- 
Sichtigung des Gewichts und des Wagenraums steht die Werttarifierung, 
die den Frachtsatz abstuft nach der Entfernung und dem Marktwerte 
der Beförderungsgegenstände. Dabß der Wert in Rechnung gezogen wird, 
erklärt sich daraus, daß im allgemeinen ein wertvolleres Gut eine höhere 
Fracht vertragen kann, als ein minderwertiges, jenes also auch stärker 
zur Deckung der Eigenkosten und zur Erzielung eines Gewinnes heran- 
gezogen werden kann als dieses. Wollte man den Gedanken ganz rein 
und einseirig durchführen, so müßte man schlieblich bestimmen, daß für 
je 100 M. Wert der beförderten Güter auf jede Längeneinheit X Pfennige 
erboben werden. Ein solcher Tarif würde zwar der Form nach sehr 
einfach, aber bei der Anwendung äuberst verwickelt sein, weil die Werte 
der Güter sehr verschieden sind; die Frachtkosten mübßten überdies fort- 
während wechseln, weil die Wertschätzung sich fortwährend verschiebt, 
und es würde schlieblich auch ein höchst verwickeltes und lästiges Er- 
klärungsverfahren mit einer kostspieligen und schwierigen Uberwachung 
nötig werden. Daher ist in der Wirklichkeit der Werttarif nirgends 
ganz rein zum Ausdruck gebracht worden. Er bat in der Entwickelung
	        
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