1. Kapitel. Begriff und Arten der Wasserwege und Fahrzeuge. 359
Wildflößerei, d. h. der Flößerei mit unverbundenen Hôölzern, die nur
einzelne lose Stämme usw. durch das fliebende Wasser zu Tal mit-
nehmen läht.
Zu dauerndem Gebrauche werden in vorgeschrittenen Ländern Flöße
nur ganz ausnahmsweise herangezogen. Auch zur Lastenbeförderung
werden sie nicht verwendet. In weniger entwickelten Verbältnissen
kommt ein Lastenverkehr auf flohartigen Fahrzeugen vor. Auf dem
Euphrat werden Frachtgüter, z. B. Getreide, auf Flößen befördert, deren
Tragkraft durch luftgefüllte Ziegenschläuche gesteigert ist („Kelleks“).
Die Holzstämme, aus denen das Fahrzeug besteht, werden am Bestimmungs-
orte verkauft. Etwas Ahnliches erstrebte man früher auf der Donau
mit den „Ulmer Schachteln“. Das waren roh gearbeitete kastenförmige
Fahrzeuge, die Personen und Güter zu Tal mitnahmen, aber am Be-
stimmungsorte auseinander genommen wurden, um das Holz zu ver-
kaufen.
Die zweite große Gruppe umfaßt die zu ständiger Befüörderung
von Personen und Gütern bestimmten, gefähartigen Fahrzeuge, die sich
wieder in die mannigfaltigsten Arten gliedern. Der Form nach stehen
den Flößen am nächsten die Fähren oder Prahmen. Die Fähren sind
offene flache Fahrzeuge, deren Seiten nur wenig in die Höhe gebogen
sind. Sie dienen ausschlieblich dazu, den Verkehr der Personen und
Landfahrzeuge zwischen zwei gegenüberliegenden, durch eine Brücke
nicht verbundenen Ufern zu vermitteln. Die Fähren werden entweder
an Ketten oder Seilen, die duer über den Strom gespannt sind, fort-
bewegt (Seil- oder Kettenfähren) oder mittels eines stromaufwärts be-
festigten und um den Befestigungspunkt pendelnden Seiles oder einer
derartigen Kette, an dessen oder an deren anderem Ende das Fahr-
zeug befestigt ist (fliegende Fähren, fliegende Brücken). Eine dritte
Art, die freifahrenden Fähren, wird selbständig durch Stangen oder
Ruder oder Segel oder Dampfkraft bewegt. Die Fähren erreichen oft
einen großen Umfang, z. B. bei den Eisenbahnfähren, die ganze Eisen-
bahnzüge von einem Dfer zum anderen befördern. Neuerdings sind die
Fähren übrigens nicht selten durch Schiffe (Fährboote) ersetzt.
Mit dem Ausdruck „Schifft bezeichnet man im allgemeinen alle
gefäbartigen, zu freier Fahrt auf dem Wasser fähigen Fahrzeuge; im
engeren Sinne versteht man darunter nur Fahrzeuge von einer gewissen
Mindesttragfähigkeit (etwa 5 ), während die kleineren als Nachen, Kähne
oder Boote bezeichnet werden. Die Nachen, Kähne und Boote sind
Fahrzeuge kleinen Umfanges, meist ohne Verdeck, von geringer Trag-
fähigkeit und in der Regel auf die Bewegung durch Ruder oder Segel
eingerichtet. Sie dienen vornehmlich dem Personenverkehr zwischen
den Ufern oder zwischen diesen und dem entfernter liegenden gröheren
Fahrzeuge oder auf kürzere Entfernungen in der Längsrichtung der