362 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr.
lichte. Lange Zeit bindurch sind die großen Ströme die wicbtigsten
Verkehrswege gewesen, und in ihren Gebieten entwickelte sich die
früheste Kultur. Die ältesten Kulturvölker weisen auch gerade den Be-
Sitz großer schiffbarer Wasseradern auf.
Die grobe Strabe des Nil wurde schon um die Mitte des 3. Jahr-
tausends v. Chr. von Lastschiffen befahren und war eines der ersten
Kulturförderungsmittel. Auch die Chinesen benutzten schon in den
ältesten Zeiten die Flüsse. Euphrat und Tigris lassen sich als Verkehrs-
und Kulturwege ebenfalls sehr weit zurückverfolgen.
Eine wirksame Verbesserung der Flußläufe unterblieb indes lange
Zeit hindurch. Das Aufstauen der Flüsse durch Einbauen von Dämmen
und Wehren war zwar schon frühzeitig bekannt, es wurde aber mehr
zur Abhaltung fremder Eindringlinge und zu Bewässerungszwecken be-
nutzt, als zur Erhöhung der Schiffbarkeit. Die Dämme, die z. B. von den
Persern im untern Tigris errichtet wurden, erwiesen sich als Schiff-
fahrtsbindernisse und wurden desbalb von ArENANDER d. Gr. wieder
beseitigt.
Lange Zeit blieben im Mittelalter die Ströme sich selbst überlassen.
Nur vereinzelt tauchen Regulierungsarbeiten auf, 2. B. in England, wo
man namentlich die Flußmündungen durch Einengung zu vertiefen suchte.
Auch auf dem Rheine sollen schon im 14.Jahrhundert Regulierungsarbeiten
begonnen worden sein. In der neueren Zeit wurde den Wasserstraben
eine erhöhte Aufmerksamkeit zugewandt, als die Anschauungen des „Mer-
kantilsystems“ zur Herrschaft kamen und mit der Steigerung des Ge-
werbefleihes und des Handelsverkehrs auch das Verkehrsbedürfnis er-
höhten. In England entwickelte sich deshalb seit dem 17. Jahrhundert
eine etwas regere Tätigkeit. In Frankreich wurden im 17. Jahrhbundert
unter CoLBEr die wichtigeren Ströme verbessert. Unter den deutschen
Staaten tat am meisten Brandenburg-Preußen. Auf der Memel wurden
Verbesserungsarbeiten zuerst 1613 angefangen, auf der Oder 1763. Das
meiste und bedeutsamste ist jedoch, wie bei den Landstraben, auch hier
erst im 19. Jahrhundert geschehen, namentlich seit den 30er und 40er
Jahren, weil erst im Zusammenhange mit dem Aufkommen der Eisen-
bahnen das Verkehrsbedürfnis im ganzen wesentlich gesteigert wurde.
Nur vorübergehend haben die Eisenbahnen den Sinn für die Bedeutung
der Wasserstraßen abgeschwächt.
Zwei Erfindungen waren es vorzugsweise, die der Verbesserung der
Flußläufe zu Hilfe kamen, die Erfindung der Kammerschleuse und der
beweglichen Wehre.
Lange Zeit hindurch kannte man nur die einfache Durchlaß-
schleuse. Sie besteht in einem quer durch den Fluß aufgefübrten
Steindamme, also einem festen Wehre, das mit einer Durchlaböffnung
in der Mitte verschen ist. Die Offnung ist mit einem Tor verschlossen;