2. Kapitel. Entwickclungsgang. 365
wehre, die Trommelwebre, die Walzenwehre, die Auftriebwehre usw.
Die technischen Einzelheiten kommen hbier nicht in Betracht. Nur der
grundsätzliche Gesichtspunkt, die Flußkanalisierung durch bewegliche
Wehre zu ermöglichen, war bier hervrorzuheben.
Die Kammerschleusen waren auch für die Kanäle eine sehr wich-
tige Neuerung, weil sie das Uberwinden der Wasserscheiden und über-
haupt größerer Höhenunterschiede ermöglichten. Kanäle hat man ja
schon frühzeitig gekannt und gehabt. In Agypten sind schon in den
frühesten Zeiten Kanäle vorgekommen, in Mesopotamien finden sie sich
schon um 2000 v. Chr. Auch in China sind die Kanäle schon Jabr-
tausende alt, und zwar Kanäle, die zur Verbindung der einzelnen, von
Osten nach Westen fliehbenden Ströme bestimmt waren. Auch den Römern
und Griechen war der Kanalbau bekannt. Die älteren Kanäle dienten
übrigens vorzugweise Be- und Entwässerungszwecken.
Daß in den stürmischen Zeiten der Völkerwanderung an Kanal--
bauten nicht zu denken war, versteht sich von selbst, Im Mittelalter
begannen die Italiener und Holländer schon im 11. und 12. Jahrhundert
mit dem Bau von Kanälen. In Deutschland kommen schon im 14. Jahr-
hundert einzelne Kanalbauten vor.
Alle älteren Kanäle mubten aber auf Uberwindung von Höbenunter-
schiede verzichten, sie lagen im flachen Küstenlande und in den ebenen
Gebieten der Ströme. Es war eben vor Erfindung der Kammerschleuse
nicht möglich, mit den Kanälen die Höhen binauf- und herabzusteigen.
Die Bedeutung dieser Erfindung machte sich besonders geltend in der
Zeit des „Merkantilsystems“ mit seinem gesteigerten Verkehrsbedürfnisse.
Frankreich war das erste Land, das die Kammerschleuse beim Kanal-
baue in grobem Mabstabe verwendete. Hier batten schon im 16. Jahr-
hundert lebhafte Bestrebungen für Kanalanlagen bestanden, zur Aus-
führung kam es aber erst im 17. Jahrhundert. Der Kanal von Briare,
der die Seine mit der Loire und damit auch die nördliche und südliche
Seeküste Frankreichs miteinander verbindet, wurde bereits 1605 begonnen
und 1642 vollendet. Unter CoLBERT wurde dem Kanalbau besondere
Aufmerksamkeit gewidmet und insbesondere der schon 1539 geplante
Canal du Midi zur Verbindung der Garonne mit den Flüssen Aude,
Orb und Hôrault 1667—1681 erbaut. Auch nach CopnbEr# wurde der
Kanalbau in Frankreich fortgesetzt, und aus dem 17. Jahrhundert sind
besonders die Kanalverbindungen zwischen Somme und Schelde, Vonne
und Doubs, Loire und Saöne zu erwähnen. Bis Ende des 18. Jabr-
hunderts waren etwa 1000 km Schbiffahrtskanäle in Frankreich ent-
standen.
Die große Staatsumwälzung und die Kriege des ersten Napoleon
unterbrachen die Tätigkeit und verhinderten die Durchführung der
groben Pläne, die in dieser Beziehung bestanden. Nachdem 1818