Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

2. Kapitel. Entwickelungsgang. 375 
Gegengewichte ausgleichen. Davon geht eine neuere Anregung aus, die 
den Schiffstrog pendelnd an mehrere, nebeneinander angeordnete zwei- 
armige Hebel aufhängen will. Die Hebel sind ungefähr in ihrem 
Schwerpunkt gestützt und tragen an der dem Troge entgegengesetzten 
Seite Gegengewichte zum Ausgleich der zu bewegenden Last. Die 
dem Troge zugekehrte Seite ist mit einem gekrümmten Schwimmer ver- 
schen, der in eine entsprechend geformte Wasserkammer eintaucht. Die 
Wasserkammer wird verschieden hoch angefüllt, je nachdem die Last 
gehoben oder gesenkt werden soll. 
Der Vorzug der senkrechten Schiffshebewerke ist vor allem ein 
bedeutender Zeitgewinn, da große Höhenunterschiede in wenigen Minuten 
überwunden werden, die bei Schleusentreppen eine sehr lange Arbeit 
erfordern, und überdies eine grobe Wasserersparnis. Das älteste hy- 
draulische Schiffshebewerk ist 1875 von LEAKDER WILLIAA bei Anderton 
in England für Schiffe von 100 t erbaut, um den Höhenunterschied 
zwischen dem Weaverflusse und dem Trent-Mersey-Kanal zu überwinden. 
In Fontinettes in Nordfrankreich folgte 1888 eine zweite gleichartige 
Anlage für Schiffe von 300 t. Die dritte entsprechende Anlage befindet 
sich bei La Louvière (in der Nähe von Brüssel) für Schilfe von 360 t. 
Diesen Anlagen ist gemeinsam, daß die Kammern nur auf je einem 
Kolben ruhen. Der Höhenunterschied ist in Anderton 15,3 m, in Fonti- 
nettes 13,13 m, in La Louvière 15,4 m, zu deren Uberwindung im ganzen 
nur 6—8 Minuten bei einem Wasserverbrauche von 15, 20 und 27,5 chm 
nötig sind. Viel bedeutender ist das Schiffshebewerk bei Henrichenburg; 
es ist für 600 t-Schiffe bestimmt. Das Gefälle, das zu überwinden ist, 
beträgt 14 m. Es gilt als möglich. mit Schiffshebewerken noch bedeuten- 
dere Höhen zu bezwingen und sie für noch größere Schiffe einzurichten. 
An den Grundgedanken der Schleuse knüpft der Vorschlag eines 
Kanals von Genua zum Bodensee an, den der Ingenieur Ca##NADA 
gemacht hat. Er will von der 600 km langen Strecke 45 km, die eine 
bedeutende Höhe zu überwinden haben, zu einer ununterbrochenen 
Reihe von Röbrenschleusen („Tubularschleusen“) ausgestalten. Die 
Röhrenschleusen haben geneigte Grundflächen. Auf dem Boden jeder 
Schleusenkammer liegen Schienen; auf ihnen läuft ein Räderpaar, das 
mit dem zu bewegenden Schiffe fest verbunden werden Kann. Der Auf- 
trieb des einströmenden Wassers hebt und treibt zugleich das Schiff vor- 
wärts bis zum oberen Ende der geneigten Röhrenschleuse. Zur Wasser- 
ersparnis und zur Ermöglichung einer gleichzeitigen Bewegung von zwei 
Fahrzeugen in entgegengesetzter Richtung sollen zwei Reihen von Röhren- 
schleusen nebeneinander angelegt werden, eine Aufstieg- und eine Ab- 
stiegreihe. Beide sollen so miteinander verbunden werden, dalß das aus 
der Abstiegschleuse ausströmende Wasser in die Aufstiegschleuse ein- 
strömt. Die Erprobung dieses Gedankens steht noch aus.
	        
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