376 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr.
Höhenunterschiede, die durch ein die Kanallinie durchschneidendes
Fluhtal hervorgerufen werden, sucht man ohne Zuhilfenahme von Schleusen
durch Brückenkanäle zu überwinden, d. h. durch langgestreckte
künstliche Ubergänge („Aquädukte“), die auf einem brückenartigen
Unterbau das Tal überschreiten.
Der Vorteil ist darin zu sehen, dabß der Abstieg zum Tale und der
Aufstieg von ihm fortfällt und das Schiff sich in gleicher Höhe fort-
bewegen kann.
Ubergünge sind schon den Alten bekannt gewesen, wurden aber
nicht zu Schiffahrtszwecken benutzt. Erst der neuesten Entwickelung
gehört die U’bertragung auf Schiffahrtszwecke an. Schon der erste
Kanal des HrnzoGs vos BulpeEWwATER benutzte dieses Mittel, um die
Niederung des Irwell-Mersey-Zusammenflusses zu überschreiten. Der
Wasserspiegel dieses Uberganges lag 10 Fuß über dem des Flusses.
Die Franzosen baben sich der Ubergänge für die Kanalführung
im 19. Jahrhundert nicht selten bedient, und zwar bestehen ihre
Brückenkanäle in groben eisernen Kanalbetten. Die bedeutendsten An-
lagen dieser Art sind in Frankreich der Pontcanal du Guétin in der
Nähe des Zusammenflusses von Loire und Alliers (Länge des Brücken-
kanals 345 m), der Brückenkanal von Agen (Dep. Lot-et-Garonne), der
539 m lang ist, und der Brückenkanal bei Briare, der behufs Verbin-
dung des Kanals von Briare und des Lateralkanals der Loire die
letztere in eine Länge von 662 m mit 2,2 m Wassertiefe auf 14 gewal-
tigen Pfeilern überschreitet. In Deutschland kreuzt der Dortmund-Ems-
Kanal die Lippe und Ems mit solchen Ubergängen. Auch beim Rhein-
Hannover-Kanal sollen Brückenkanäle angewendet werden.
Um die Umgehung von Geländeerhöhungen zu vermeiden, sind bei
Kanalbauten mehrfach Tunnel angewandt, 2. B. in England, wo sie ziem-
lich häufig sind, in Frankreich, vereinzelt auch in Deutschland.
Zum Zwecke der Speisung der Kanäle bedient man sich neuer-
dings, soweit man nicht durch unmittelbare Zuleitung von Flüssen und
Bächen aus oder durch grobe Pumpwerke den Kanal speisen kann,
nicht selten künstlich geschaffener Wasserbehälter, in denen durch Ab-
sperrung der Talöffnung mittels einer groben Abschlulzmauer (Tal-
sperren) das sonst nutzlos abfliebende Wasser festgehalten und auf-
gespeichert wird, um nach Bedarf in den Kanal geleitet zu werden.
Damit ist die Möglichkeit gegeben, in dem Kanale regelmäbßig die nötige
Wassermenge bereit zu halten, und gleichzeitig wirken solche Talsperren
der Uberschwemmungsgefahr für die unteren Talstrecken entgegen oder
vermindern wenigstens die Gewalt der Uberflutung. In letzterer Hinsicht
wirken sie ähnlich, wie die in oberen Flußgebieten liegenden Seen, 2.
B. Bodensee, Genfersee usw., als ein Regler des Wasserabllusses. Zu
Bewässerungs- und Wasserleitungszwecken sind die Talsperren schon