Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

2. Kapitel. Entwickelungsgang. 377 
lange bekannt. Den Kanalzwecken sind sie erst in neuerer Zeit in aus- 
giebiger Weise dienstbar gemacht worden. Namentlich in Frankreich hat 
man sie häufig zur Speisung der Kanäle herangezogen. In Deutschland 
wird zur Speisung des Rhein-Hannover-Kanals eine große Talsperre mit 
202 Mill. chm Fassungsvermögen bei Hemfurt an der Eder (Waldeck)erbaut. 
So sind in den wichtigsten Beziehungen auf dem Gebiete der 
Binnenwasserstraßen Fortschritte gemacht worden, die eine gesteigerte 
Verwendbarkeit dieser Wege im wirtschaftlichen Leben ermöglichen. 
Die seit dem Jahre 18895 an wechselnden Orten zusammentretenden 
internationalen Binnenschiffabrtskongresse und andere Versammlungen 
der Vertreter der beteiligten Kreisce haben den Fachmännern eine 
erwünschte Gelegenheit gegeben, die erzielten Fortschritte zu beobachten 
und die weiteren Fortschrittsmöglichkeiten zu klären. 
Die natürliche Ausrüstung der einzelnen Länder mit verwendbaren 
Wasserstraben ist überaus verschieden, und die Tatkraft und Zähigkeit, 
mit der die einzelnen Völker die Gabe der Natur zu verwalten, zu ver- 
bessern und zu ergänzen bestrebt waren und sind, ist sehr ungleich. 
In zuverlässige und vergleichbare Zahlen lassen sich diese Unterschiede 
aber nicht fassen. Die statistische Erlassung der Wasserstraben ist 
weit weniger entwickelt und verbreitet, als die der Eisenbahnen. 
Aus nicht wenigen Ländern fehlt es überhaupt an brauchbaren Angaben. 
Soweit aber Zahlen vorliegen, sind sie auf ungleiche Weise gewonnen 
und auf ungleichen Grundbegriffen aufgebaut. Die Trennung zwischen 
künstlichen und natürlichen Binnenwasserstraben, die Beurteilung der Schiff- 
barkeit und ähnliches wird in verschiedener Weise durchgeführt. Die Ein- 
rechnung oder Ausscheidung wenig leistungsfähiger Wasserstraben wird 
ungleich gehandhabt usw. Ob internationale Verständigungen darüber 
erzielt werden können, läbt sich noch nicht übersehen. Die internationalen 
und sonstigen Versammlungen der Fachleute sollten sie zu fördern suchen. 
Selbst für dasselbe Land liegen ungleiche Ziffern vor. So auch 
in Deutschland. Die letzte amtliche Grundlage für die Feststellung des 
deutschen Bestandes an Wasserstraben ist die letzte Ausgabe (1903) 
des „Führers auf den deutschen Schiffahrtsstraßen“, bearbeitet im preuß. 
Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Auf Grund dieser Quelle ist im 
„Statistischen Jahrbuche für das Deutsche Reich“ (1908) die Länge der 
schiffbaren deutschen Binnenwasserstraben einschlieblich der Straben 
durch Seen und Haffe berechnet auf 13793,1 km. Davon sind 8033,1 km 
freie Flußbläufe, 1415,9 km kanalisierte Flüsse, 2157,3 km Schiffahrts- 
kanäle, 2186,8 km sonstige Wasserstraben. In Band 235 der Statishk 
des Deutschen Reichs, der 1911 erschienen ist, wird die Länge der schiff- 
baren Wasserstraßen in Deutschland auf 14 816,8 km berechnet, wobei 
aber einzelne kleinere Strecken nicht berücksichtigt sind. Vicrok Kouns, 
der schon früher eingehende Berechnungen über den deutschen Bestand
	        
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