382 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr.
damit auch ibre Seefahrt auf das Mittelländische Meer aus. Schon im
15. oder 14. Jahrhundert v. Chr. haben sie sich auf Cypern festgesetzt,
im 13. Jahrhundert drangen sie nach der Südwestküste von Kleinasien
vor, wahrscheinlich im Zusammenhange mit dem Vorrücken der Hebräer,
das den Phöniziern eine erweiterte Tätigkeit nach Westen bin wünschens-
wert machen muhte. Von dieser Küste aus gelangten sie bald weiter
nach Westen. Um 1200 schon soll ihre Pflanzstadt Karthago, um 1100
schon Gades gegründet sein. Ihre Seefahrt ging früh, anscheinend
schon im 13. Jahrhundert v. Chr., auch über die Säulen des Herkules
hinaus. Sie holten Zinn aus England, Bernstein aus Deutschand; auch
nach der Gambiamündung, nach Madeira und nach den Kanarischen
Inseln sollen sie gekommen sein. Viele Jahrhunderte bindurch erscheinen
Sie als das tüchtigste, kühnste und geschickteste Seefahrer- und Handels-
volk der vorchristlichen Zeit. Erst Alexander der Große zerstörte ihren
Handelsverkehr durch die Vernichtung von Tyrus und Sidon.
Die Phönizier verbreiteten die Kenntnis der Seeschiffahrt auch bei
andern alten Völkern. Die phönizische Pflanzstadt Karthago zunächst
entwickelte ebenfalls einen lebbaften Handelsverkehr zur See, nament-
lich nach Sizilien und Süditalien, später auch nach Spanien. Vereinzelte
Unternehmungen gingen auch über das Mittelländische Meer hinaus, wie
die bekannten Fahrten von H’NILCO und HANNO nach Nordeuropa und
nach der Westküste Afrikas. Ein lebhafterer Handelsverkehr der Karthager
mit England dürfte aber erst im 3. Jahrhundert v. Chr. aufgekommen sein.
Gelebrige Schüler der Phönizier wurden die Griechen. Die An-
fänge der griechischen Seeschiffahrt verlieren sich im Dunkel. Die
Sage über den Argonautenzug berechtigt nicht, schon im 14. Jahrhundert
v. Chr. einen Handelsverkehr der Griechen mit den Küstengebieten des
Schwarzen Meeres anzunehmen. Eine selbständige Betätigung der Griechen
in der Seeschiffahrt scheint vielmehr vor dem 9. Jahrbhundert nicht vor-
handen gewesen zu sein. Daß aber die Griechen dann bald eifrig den von
den Phöniziern gezeigten Weg beschritten, beweist ihre große Tätigkeit
in der Pflanzstaatenbildung und das rasche Aufblühen wichtiger grie-
chischer Handelsplätze. Die kleinasiatischen Griechen gingen hierbei
voran, die griechische Halbinsel folgte bald. Namentlich Athen gewann
eine grobe Bedeutung als Handels- und Seemacht, deren Hauptblüte in
die perikleische Zeit fällt; auch in der nachperikleischen Zeit blieb Athen
noch eine wichtige Seemacht, ohne deshalb dem schlieblichen Verfall
entgehen zu können. Der grobe Handelsverkehr der Griechen vollzog
sich überhaupt zur See.
Die Römer waren zunächst mehr dem Ackerbau als dem Seewesen
zugewandt, und die Seeschiffahrt fand lange Zeit nicht die genügende
Pflege. Die Punischen Kriege wiesen auf die Bedeutung besonderer Be-
tätigung zur See nachdrücklich hin, und späterhin zwang die steigende