Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

400 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr. 
wendung der Elektrizität als Triebkraft auf die Schwierigkeit, daß sie 
in dem Fahrzeuge selbst mit Hilfe von Dampf- und anderen Maschinen 
erzeugt werden muß. Das ist bei Fahrzeugen durchführbar, die nur als 
ergänzende Triebkraft die Elektrizität benutzen wollen. Wenn aber 
auf diese Weise die ausschlieblich zu benutzende Triebkraft gewonnen 
werden soll, wozu doch wohl Dampfmaschinen nötig sein würden, 80 
liegt es näher, die Dampfkraft unmittelbar zur Fortbewegung des Fahr- 
zeugs zu benutzen. Im Binnenschiffahrtsverkehr ist die Verwendungs- 
möglichkeit insofern gröber, als die Fahrzeuge bier die Triebkraft im 
Sammlern mitführen und die Neuladung der Sammler in erreichbaren 
Orten bewirken können. Das ist aber nur für kleinere Fahrzeuge vor- 
teilhaft, die nicht für weite Dauerfahrten bestimmt sind. 
In der Binnenschiffahrt läht sich die Elektrizität in den Fällen 
gut verwerten, in denen nicht das Fahrzeug selbst die Kraft mit sich 
führen muß. Dazu bietet namentlich der Kanalbetrieb Gelegenbeit, ein- 
mal in Form der Treidelei durch elektrische Lokomotiven, die am Ufer 
entlang auf Schienen laufen, und weiter in der Geslalt von elektrisch 
angetriebenen Schlepp- oder sonstigen Schiffen, denen die Elektrizität 
durch Oberleitung von dem Kraftwerk aus zugeführt wird. In der Form 
der elektrischen Treidelei hat sich die Elektrizität schon auf einer Reihe von 
Kanälen entwickelt; aber in Fachkreisen ist die Meinung vertreten, dalß 
ein Oberleitungsbetrieb der Schleppschiffe geringere Kosten verursachen 
würde. Auch für Personenverkehr läßt sich der Oberleitungsbetrieb ver- 
wenden. Dabß er nicht nur auf Kanälen, sondern auch auf schmalen 
Flubläufen gebraucht werden kann, ist nicht zu bezweifeln. 
Der elektrische Oberleitungsbetrieb von Fluß- und Kanalfahrzeugen 
gestattet eine gute Raumausnutzung und geringe Tauchtiefe, ermöglicht 
einen rauchfreien, geruchlosen und geräuschlosen Betrieb und eine den 
Dampfern und Klraftbooten ebenbürtige Schnelligkeit. Wenn dazu 
geringere Betriebskosten treten, was wegen der weniger umfangreichen 
Anlagen und der einfacheren Bedienung nicht ausgeschlossen zu sein 
scheint, so würde für bestimmte Teile des Binnenschiffabrtsverkebr# diese 
Betriebsform neben dem Dampf- und nicht-elektrischen Kraftbetriebe 
und vermutlich auch neben dem elektrischen Antriebe mit Hilfe von 
Sammiern auf dem Fahrzeuge eine Bedeutung gewinnen können. Der 
elektrische Oberleitungsbetrieb ist im November 1911 auch bei Versuchen 
auf dem Dortmund-Ems.-Kanal benutzt worden, bei denen es sich darum 
handelt, eine wirksamere Weise der Schiffsschlepperei zu finden als die 
Dampfschlepperei, bei der nur 25 v. H. der aufgewendeten Kraft wirk- 
lich ausgenutzt werden. Der Schlepper soll mit 4 unter seinem Boden 
angebrachten Rollen eine auf der Kanalschle ruhende federnde Schiene 
umklammern, und die Rollen sollen vom Schlepper aus angetrieben, durch 
ihre Drehung die Schiene zwischen sich durchziehen und sie dabei
	        
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