Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

404 IV. Abschuitt. Der Wasserverkehr. 
Fahrzeug nachgebaut, das die Fahrt über das Atlantische Meer wagte 
und glücklich vollendete. 
Auch im weiteren Verlaufe der Entwickelung blieben im Mittelalter 
die Schiffe noch klein nach unseren Begriffen, wenn sie auch allmählich 
gegen frühere Zeiten zunahmen. Namentlich seit dem 13. Jahrhundert 
fing man, wie schon gesagt, an, den Wind durch Vermehrung der Zabl 
der Segel und Masten wirksamer auszunutzen, was das Erbauen gröberer 
Fahrzeuge beträchtlich erleichterte. Die Schiffe der Hansa waren boch- 
bordig gebaut. Während 1210 das gröbßte englische Schiff nur 80 t 
Wasserverdrängung hatte, zeigten um die Mitte des 14. Jahrhunderts die 
großen hanseatischen „Koggen“ schon 250 t. Im Mittelmeerbecken 
waren besonders verbreitet die „Galeeren“, die als Last- und Kriegs- 
schiffe dienten und 2—3 Segel an 2 Masten, sowie eine größere Anzabl 
Ruderer führten. Daneben gab es als Lastschiffe die „Näven“, die schon 
3—3½ m tief gingen und 5—7 Segel fübrten. Die Lastschiffe der 
Katalanischen Reeder konnten schon Lasten von über 400—600 t fort- 
schleppen. Im Durchschnitte konnten die Kauffahrer unter Deck 250 t 
führen. Eine besondere, berühmt gewordene Schiffsart waren die „Caras- 
vellen“ mit 4 Masten, von denen 3 lateinische Segel führten. Die Carn- 
vellen waren klein; über 250 t gingen sie nur ausnahmsweise binaus, 
häufig hatten sie nur 50 t. Diese Schiffe wurden bei den großen Ent- 
deckungsfahrten um 1500 benutzt. Auch Konb#Us fuhr mit solchen 
Caravellen über das Atlantische Meer. 
Seit dem 16. Jahrhundert wurde, wie erwähnt, bei den Seeschiften, 
die mehr und mehr auf das grobe Meer binauszogen, die technische 
Ausgestaltung infolge des Weglassens der Ruder und der zunehmenden aus- 
schlieblichen Benutzung der Windkraft allmählich auf höhere Stufe gebracht, 
und die Fabrzeuge nahmen auch an Größe zu. Gegen Ende des 16. Jahr- 
hunderts ragten namentlich die Ostindienfahrer durch ihre Größe hervor; 
Sie hatten schon 700—800 t Wasserverdrängung und 1640 gab es ein 
englisches Schiff von 1637 t. Indes waren die meisten Segler bis An- 
fang des 19. Jahrhunderts über 300 t nicht binausgekommen, und um 
die Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte in der Segelfrachtfahrt das 
400—600 t-Schiff vor. Darüber ist man bei Seglern und Dampfern 
später weit hinausgegangen. Die deutschen Segier batten nach den 
Berechnungen von Schonz (Die Stellung der Segelschiffahrt zur Welt- 
Wirtschaft und Technik, Jena 1910) durchschnittlich in der ersten Hälfte 
der 60 er Jahre 625 Registertonnen, der 80 er Jahre 1179 Registertonnen 
und 1901—1905 3291 Registertonnen Brutto. Besonders große Segler 
sind neuerdings von deutschen Reedereien veranlaßt und in Gebrauch 
genommen, 80 1995 der Fünfmaster „Potosl“ (Reederei F. LAEISZ in 
Hamburg) mit 110,3 m Länge, 15,2 m Breite, 9,5 m Raumtiefe und mit 
rund 6200 t Ladefähigkeit, 1902 der Fünfmaster „Preußen“ (von der-
	        
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