Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

3. Kapitel. Die volkswirtschaftliche Bedentung der Wasserstrahen. 429 
Beides ist wohl zu beachten. Denn der Kanalbau ist sehr 
kostspielig. Bei Kanälen für Grobschiffe (600 t) in Mitteleuropa muß 
man für 1 km 500000—700 000 M. Baukosten rechnen. Der Rhein- 
Herne-Kanal (für Schiffe bis 1000 t) ist mit 1,4 Mill. M. für 1 km ver- 
anschlagt, d. h. mehr als das vierfache, als 1 km Eisenbahn in diesen 
Gebieten kostet. Durch ungeschickte Auswahl der Kanallinien können 
die Kosten noch sehr bedeutend gesteigert werden. Die Schranken, die 
von der Natur in dieser Beziehung gezogen werden, können nicht über- 
schritten werden. Allerdings ist die Anwendbarkeit der Kanäle nicht 
mehr auf das Flachland beschränkt. Es ist heute möglich, auch beträcht- 
liche Höhen zu überwinden, und auch in der Speisung der Kanäle sind 
bedeutende Fortschritte gemacht worden. Aber bei der Anlage der 
Kanäle ist zu berücksichtigen, daß, wenn auch die möglichst gerade 
Linienführung vielfach den Vorzug verdient, doch schon mit Rücksicht 
auf die Uberwindung der Höhenunterschiede Umwege gerechtffertigt 
sein können. Die Höhenunterschiede bedingen oft so kostspielige An- 
lagen, dab die Anlagekosten zu hoch werden, als daß der Kanal noch 
einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen könnte. Auch die Rücksicht 
auf die Speisung des Kanals muß die Linienführung beeinflussen. So 
bedeutend auch die Fortschritte sind, die in dieser Hinsicht erzielt 
wurden, so ist doch auch bier die Notwendigkeit großer Kostenauf- 
wendungen nicht zu übersehen, und es kann wirtschaftlicher sein, die 
Lmie zwar länger, aber durch solche Gebiete zu führen, wo die Speisung 
des Kanals leichter ist. Wo die Speisung überhaupt unmöglich ist, 
muh natürlich auf einen Kanal verzichtet werden. 
Dazu muß hinzukommen die begründete Erwartung, daß die von 
dem Kanale zu durchschneidenden Gebiete die Möglichkeit eines um- 
fangreichen Verkehrs von Schwergütern bieten. Zwar ist der Wasser- 
verkehr nicht auf diese Güter beschränkt, aber sie spielen doch die 
Hauptrolle wie für Eisenbahnen, so auch für Kanäle. Lediglich durch 
den Verkehr höherwertiger Güter den Kanal lebensfähig zu machen, 
ist unmöglich. Es ist klar, daß hiervon sowohl die Frage, ob über- 
haupt ein Kanal anzulegen ist, als auch die Führung der Kanallinie 
abhängig ist. 
Auch die natürlichen Wasserstraßen bedürfen oft der Verbesserung, 
die, wie schon erwähnt, entweder durch Regulierung oder durch Kana- 
lisierung erfolgen kann. Auch hierbei entstehen große Kosten, wenn sie 
auch in der Regel hinter den Kanalbaukosten zurückbleiben. Bei den 
neuen deutschen Flußkanalisierungen bewegen sie sich zwischen 117.000 
und 437000 M. für 1 km. Ob die Regulierung oder die Kanaliesierung in 
Frage kommt, ist eine Tatfrage, bei deren Beantwortung die Wasserverhält- 
nisse, das Gefälle, die Uferbeschaffenheit und ähnliche Umständemitsprechen. 
Bei Wassermangel oder sehr unregelmähßigen Wasserständen dürkfte die
	        
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