Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

430 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr. 
Kanalisierung der Flüsse, die in Frankreich in ausgiebiger Weise durch- 
geführt worden ist, vielfach geboten sein. In jedem Falle darf man 
angesichts der hohen Kosten solcher Eingriffe an der Frage nicht vor- 
beigehen, ob durch die Verbesserung des Flußlaufs ein so erhebliches 
Verkehrsbedürfnis befriedigt werden kann, daß die Anlage volkswirt- 
schaftlich gerechtfertigt ist. 
Handelt es sich bei solchen Mabhnahmen auch zu allen Zeiten darum, 
„schiffbare“ Wasserstraßen zu schaffen, so ist doch nicht zu verkennen, 
daß der heutige Begriff der „Schiffbarkeit“ weit umfassender ist, als 
der frühere. Im Wasserverkehr herrscht nach dem früher dargelegten 
die Neigung, die Fahrzeuge zu vergröhern. Denn je gröber die Güter- 
menge ist, die in einem Fahrzeuge befördert wird, desto billiger stellen 
Sich, falls auf genügende Gütermengen gerechnet werden kann, die Be- 
förderungskosten für die Gewichtseinheit. Größere Fahrzeuge verlangen 
aber auch ein tieferes Fahrwasser. Die Tiefe des Fahrwassers spielt 
eine sehr große Rolle bei den Kosten und somit auch bei den Preisen 
des Wasserverkehrs. Dazu kommt, dab die Kosten der Bergfahrt ab- 
hängig sind — zum groben Teil wenigstens — von dem Gefälle des 
Stromes. Unsere Zeit, die so sehr auf die Verbilligung des Verkehrs 
drängt, stellt daher sehr hohe Anforderungen sowohl an die Fahrwasser- 
tiefe, als auch an die Regelung des Gefälles. Vor allem wird eine mög- 
lichst gleichmäßige Gestaltung des Wasserstandes angestrebt; denn nichts 
beengt die Schiffahrt mehr als ein häufiger und rascher Wechsel der 
Fahrwassertiefe, da die tote Last bei niedrigem Wasserstande auhber- 
ordentlich gesteigert wird. 
Auch eine genügende Breite des Fahrwassers erweist sich bei den 
verbesserten natürlichen, wie bei den künstlichen Wasserstraßen als unent- 
behrlich. Namentlich bei Kanälen besteht die Gefahr, daß eine falsche 
Sparsamkeit zu engen Kanalbetten fübrt, die einerseits die Schiffahrt 
beengen, andererseits aber durch die Aufwühlung des Wassers, wie sie 
von den Dampfern ausgeht, leicht beschädigt werden. 
Von gröbter Bedeutung für den wirtschaftlichen Wert der Wasser- 
strahen ist deren Zusammenschließung zu einem vollständigen Netze, 
das seine vollkommene Gestalt dann haben würde, wenn es überall 
gleiche Abmessungen besäße. Sowohl die Breite als auch die Tiefe 
der Kanäle und natürlichen Wasserstraßen, die Schleusenabmessungen, 
die Höhe der Brückendurchlässe mübten innerhalb des ganzen Netzes 
das gleiche Mindestmahß zur Grundlage haben. Der dadurch erzielte 
Vorteil ist sofort zu erkennen: die Fahrzeuge können auf dem ganzen 
Netze ungehindert verkehren, zahlreiche Umladungen und die mit ihnen 
verbundenen Opfer an Zeit, Geld und Arbeitskraft fallen fort, und die noch 
immer vorhandene scharfe Trennung der einzelnen Stromgebiete hört auf.
	        
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