3. Kapitel. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Wasserstraben. 431
Vollständig erreichbar ist dies Ziel schwerlich, weil die Verschieden-
heiten der natürlichen Flußläufe und der auf die Kanalgestaltung ein-
wirkenden Verhältnisse nicht aufgehoben werden können. Der Rhein z. B.
wird immer leistungsfähiger sein, als andere deutsche Flüsse; für ihn
kann selbst im Mittellaufe eine Fahrtiefe erreicht werden, die bei den
meisten anderen Strömen ausgeschlossen ist.
Auch bei den künstlichen Wasserstraben läht sich die vollständige
Gleichbeit der Abmessungen, wenn sie für gröhere Fahrzeuge gelten soll,
nicht erreichen. Aber man mubß ihr doch möglichst nahe zu kommen
suchen; denn die jetzigen großen Verschiedenheiten sind ein starkes
Verkehrshindernis. Die Länder mit alten Kanalnetzen sind in dieser
Hinsicht in der Regel am schlimmsten daran, weil die älteren Anlagen
naturgemäh nicht den heutigen Bedürfnissen angepabt und deshalb ganz
unzulänglich sind.
Es ist begreiflich, dabß die Herbeiführung einbeitlicher Mindest--
abmessungen für die Kanäle und Schleusen schon wiederholt die betei-
ligten Kreise beschäftigt hat. Mitte der 70 er Jahre befabte sich in
Deutschland der Technikerkongreßb und der Zentralverein für Hebung
der Fluß- und Kanalschiffahrt und in Frankreich eine 1874 eingesetzte
Kommission für Eisenbahnen und Verkehrswege mit dem Gegenstande.
Der zweite internationale Binnenschiffahrtskongreß zu Wien 1886 be-
handelte die Frage ebenfalls sehr gründlich und schlug 16 m Sohlen-
breite und 2 m Tiefe für die Kanäle und 7 m lichte Weite in den
Toren, 57,50 m nutzbare Länge und 2,50 m Tiefe für Schleusen vor.
Das setzt Schiffe von 1,75 m Tauchtiefe bei voller Ladung, 5¾ bis 6¾/¾ m
Breite und 57½ m Länge voraus, die eine Nutzlast von etwa 420 bis 500 t
aufnehmen können. Die neueren Wünsche der Schiffahrtskongresse gehen
noch weiter; sie empfehlen eine Soblenbreite bis 18 m, eine Tiefe bis
zu 2,50 m auf der freien Strecke, eine Wasserspiegelbreite bis zu 27 m,
eine nutzbare Schleusenlänge bis zu 67 m, eine lichte Weite der
Schleusentore bis zu 8,6 m, eine geringste Wassertiefe auf den Schleusen-
drempeln bis zu Zm, sodab Fahrzeuge von 600 t ungehindert verkehren
können.
Im allgemeinen dürften diese Abmessungen genügen; sie reichen
indes nicht bei solchen Kanalstrecken aus, die in unmittelbarer Verbin-
dung mit einem sehr leistungsfähigen Strome stehen und nach diesem
voraussichtlich einen starken Verkehr zu bewältigen haben. Für den
Rhein-Herne-Kanal sind denn auch die Abmessungen in verschiedenen
Punkten noch größer vorgeschen, sodal Schiffe von 600 bis 1000 t den
Kanal befahren können. Für den Umbau des Eriekanals sind so grobe
Abmessungen gewählt, dab man Schiffen von 2000—3000t den Ver-
kehr ermöglichen will. In Csterreich wird man dem deutschen Bei-
spiele folgen, als auf Benutzbarkeit für 600 t-Schiffe binarbeiten.