Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

3. Kapitel. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Wasserstraben. 433 
natürlich sehr, aber sie umfassen bei Hochwasser nicht selten verschie- 
dene Wochen, bei Wassermangel oft Monate. In besonders trockenen 
Jahren, wie 1901 und 1911 in Deutschland, führt der Wassermangel zu 
schweren Schädigungen des Binnenschiffahrtsverkehrs gerade in den 
Jahreszeiten, in denen der Schiffer auf möglichste Ausnutzung der Fahr- 
straben bedacht sein muß, um die Nachteile der Wintersperre wieder 
auszugleichen. Bei den freien Flüssen kommen auberdem die Gefähr- 
dungen durch Unregelmähigkeiten des Flußbettes wie Sandbänke, Klippen, 
Untiefen usw., in Betracht. 
Weiter ist bei den Flüssen die Bergfahrt schwieriger und kost- 
spieliger als die Talfahrt. Bei den Kanälen fällt der Unterschied 
zwischen Berg- und Talfahrt fort, sodaß für die Dampfer die Fahrt 
im ganzen billiger werden dürfte. Dagegen entsteht für die auf Zug- 
kraft angewiesenen Schiffe die Notwendigkeit, auf Kanälen nach beiden 
Seiten hin die Zugkraft zu Hilfe zu nehmen, während sie auf Flüssen 
bei der Talfahrt oft entbehrlich ist. 
Im allgemeinen erfordern die Flubregulierungen geringere Bau- 
kosten als die Flußkanalisierungen und die Kanäle, wie schon erwähnt. 
Dagegen sind die Unterhaltungskosten bei den regulierten Flüssen 
häufig höher als bei kanalisierten Flüssen und bei Kanälen. Die tat- 
Sächlichen Verhältnisse liegen darin natürlich sehr verschieden. 
Unzweifelhaft überlegen sind die Kanäle sowohl den regulierten als 
den kanalisierten Flüssen durch ihre größere Verzweigungsfähigkeit. 
Die natürlichen Wasserläufe müssen im wesentlichen in der von der 
Natur bedingten Lage und Führung in den Verkebrsdienst gestellt 
werden. Dabei müssen viele Umwege in Kauf genommen werden, nicht 
selten auch die Einmündung in das Meer an Stellen, die nicht beson- 
dere wirtschaftliche Vorteile bieten. Manches kann hier im einzelnen 
durch menschliches Eingreifen verbessert werden. Man kann Teile des 
Flubßbettes verlegen, die Einmündungsstelle verschieben usw., aber alles 
nur in engen Grenzen, und im ganzen muß die natürliche Lage und 
Führung des Flusses beibehalten werden. Seitliche Verzweigungen sind 
von der Natur nicht selten den großben Strömen gegeben, aber oft mit 
unzulänglicher Leistungsfähigkeit und mit bestimmter Begrenzung der 
natürlichen Ausdehnung. In allen diesen Dingen sind die Kanäle freier 
und anpassungsfähiger, und bei ihrer Anlage läht sich mancher Nach- 
teil vermeiden, den die Natur bei den Flüssen hat entstehen lassen. 
Der wirtschaftliche Wert der Kanäle liegt eben vor allem in der Fäbig- 
keit, Mängel der natürlichen Ausrüstung mit Wasserstraben zu mindern 
oder zu beseitigen und die verschiedenen Flußgebiete miteinander in 
Verbindung zu bringen. 
Im ganzen sind die Binnenwasserstraßen auch bei reicher Aus- 
Zestaltung des Netzes den Eisenbahnen und auch den Landstraben stets in 
Vva ps Bonenr. Verkehrswesen. 2. Aull. 25
	        
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