Full text: Volkswirtschaftslehre VII. Band: Das Verkehrswesen. (7)

434 IV. Abschnitt. Der Wasserverkehr. 
bezug auf die Verzweigungsfähigkeit unterlegen und werden es immer 
bleiben. Die Störungen und Erschwerungen durch natürliche Vor- 
kommnisse (Eis, Hochwasser, Wassermangel, Nebel, Schneefall, Sturm 
usw.) sind bei den Binnenwasserwegen umfangreicher, als bei den Eisen- 
bahnen, obwobl diese keineswegs gegen solche Störungen gefeit sind. 
Im Nachteil sind die Binnenwasserwege gegenüber den Eisenbahnen 
auch in bezug auf Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Sicherheit des Ver- 
kehrs. Zwar gelingt es auf großen Strömen, einen regelmäbßigen Ver- 
kehrsdienst mit festen Abgangs- und Ankunftszeiten für einen ansehn- 
lichen Teil des Jahres durchzuführen bei günstigen Wasser- und Wetter- 
verhältnissen; auch kann unter diesen Umständen durch Einrichtung 
eines Eilschiffsdienstes der Zeitverbrauch vom Abgange bis zur Ankunft 
des Gutes in engeren Grenzen gehalten werden, als im regelmäßigen 
Eisenbahnfrachtverkehr. Aber das kann nicht verallgemeinert werden, 
und die Hauptmasse des inneren Wasserstrabenverkehrs muß auf solche 
Sonderleistungen verzichten. 
Die Binnenschiffahrtswege weisen aber auch wichtige Vorzüge auf. 
Sie sind ausgezeichnet vor Landstraben und auch vor Eisenbahnen 
zunächst durch die ausgiebigere Verwendungsmöglichkeit für mechanische 
Triebkräfte, durch geringeren Reibungswiderstand, durch Zulässigkeit 
vielseitiger Benutzung und freien Wettbewerbes. Besondere Erwähnung 
verdient weiter der Vorzug, daß das Ladegeschäft sich leichter und 
rascher vollzieht als bei den Landwegen und nicht auf bestimmte, be- 
sonders dazu eingerichtete Anlagen (Haltestellen, Bahnhöfe) beschränkt 
ist. Dadurch wirken die Binnenwasserstrabßen auf die örtliche Ver- 
teilung der gewerblichen Anlagen bin, ein sozialpolitisch sehr wichtiger 
Umstand. 
Der Hauptvorzug der Binnenwasserstraben aber ist die gröbere 
Möglichkeit billigen Massenverkehrs. Die größere Massenbaftigkeit des 
Verkehrs hängt, wie schon erwähnt, mit dem geringen Reibungswider- 
stande, mit der Anwendbarkeit großber Fahrzeuge und stärkerer Maschinen- 
kraft zusammen, Umstände, die gleichzeitig auch auf die Billigkeit des 
Verkehrs einwirken. In letzterer Beziehung kommt weiter ganz beson- 
ders das günstigere Verhältnis zwischen Tragfähigkeit und Eigengewicht 
in Betracht. Die tote Last ist bei den offenen Eisenbahnwagen etwas 
mehr als die Hälfte, bei gedeckten Eisenbahnwagen etwa m/, dagegen 
bei Rheinschiffen nur ½ und auch bei anderen Binnenschiffen erheb- 
lich weniger als die Hälfte der an sich möglichen Nutzlast. Natürlich 
wird dieser große Vorzug dadurch etwas eingeschränkt, daß die Trag- 
fäbigkeit nicht immer voll ausgenutzt werden kann. Von den Betriebs- 
tagen, die nach Lage der Eis- und Wasserverhältnisse verbleiben, bietet 
immer nur ein Teil die Möglichkeit, die Tragfähigkeit voll zu verwerten, 
auf dem Rhein z. B. nur ein Drittel, auf der Elbe zwei Fünftel, auf der
	        
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