436 IV. Abschnitt. Der W’asserverkehr.
Beförderungsstrecke von 101,16 km für 1 t Eilgut und von 99,10 km für 1#
Frachtgut. Die Berechnungen der Reichsstatistik über die Binnenschiffahrt
im Jahre 1909 ergeben für Rhein- und Wesergebiet eine durchschnittliche
Beförderungsstrecke von 192,5 km, sind aber für den Rhein nicht auf
Grund vollständiger Unterlagen berechnet und sicherlich ein gutes Stück
zu niedrig. Auf den französischen Wasserstraßen war die durchschnitt-
liche Beförderungsstrecke für 1 t 1885: 125 km, 1908: 155 km.
Die Binnenwasserstraben sind hiernach besonders wichtig für allen
Verkehr, der sehr billig sein mulßß. Das ist in erster Linie der Ver-
kehr der Massengüter, bei denen auch die langsamere Beförderung und
die größhere Unpünktlichkeit des Verkehrs in der Regel nicht besonders
empfunden wird. Gerade die Anlegung guter Wasserstralbten macht
viele Schwergüter erst versandfähig. Die Verhältnisse liegen nun aber
heute so, daß nicht nur die Massengüter für die Wasserstraben in Be-
tracht kommen. Der Wettbewerb ist im inneren wie im internationalen
Verkehr so lebhaft geworden, daß bei den meisten Waren der Ge-
schäftsnutzen sehr gering geworden ist. Fast allenthalben besteht des-
halb das Streben, die Erzeugungs- und allgemeinen Geschäftskosten
herabzusetzen. Hierbei spielt die Ermäbigung der Frachten eine nicht
geringe, wenn auch nicht die ausschlaggebende Rolle, und in den aller-
meisten Fällen ist deshalb beute auch bei höherwertigen Waren das
Streben nach billigster Beförderung lebhaft, soweit es sich nicht um
Waren handelt, die überhaupt einem starken Wettbewerbe nicht unter-
worfen sind. Daß die höherwertigen Waren eine schnellere Beförderung
verlangen, läht sich nicht allgemein aussprechen. Sind sie leicht ver-
derblich, dann erfordern sie freilich rascheste Beförderung; sind sie
haltbar, dann hängt es von den besonderen Umständen des der Ver-
sendung zugrunde liegenden Geschäftsabschlusses ab, ob man eine
schnellere oder langsamere Beförderungsart wählen wird. Uberwiegt
das Bedürfnis nach schnellerer Beförderung nicht das Bedürfnis nach
billigen Versandkosten, dann wird auch für höherwertige Waren der
Wasserweg oft vorgezogen. Das führt zu einem Wettbewerbe gegen-
über Landstraben und Eisenbahnen, wenn es sich geltend macht auf
den Verbindingslinien zwischen zwei Verkehrsmittelpunkten, deren Ver-
bindung zu vermitteln auch die Landstraben und Eisenbahnen berufen
sind. Dabei kommt es nicht darauf an, dabß Wasserstrabe und
Landverkehrsweg Seite an Seite verlaufen, sondern nur darauf, daß
sie dieselben großen Verkehrsplätze berühren und daß alles in allem
der Beförderungsaufwand zwischen beiden Plätzen bei den Wasser-
straben billig genug ist, um Verkehr an sich zu ziehen, der sonst der
Eisenbahn oder der Landstrabe zugefallen wäre. Besonders gilt das
gesagte gegenüber den Eisenbahnen, bei denen ebenso wie bei den
Wasserstraben der Massengüterverkehr durchaus überwiegt.