4. Kapitel. Die Aufgaben d. öffentl. Gewalt gegenüber dem Wasserverkehrswesen. 443
4. Kapitel. Die Aufgaben der öffentlichen Gewalt gegenüber
dem Wasserverkehrswesen.
81. Die Gebiete für die Betätiqumg der ösfentlichen Geialt beim
Wasserrerberswesen. Die vorhergegangenen Ausführungen lassen keinen
Zweifel darüber, daß mit den Wasserstraben das Gesamtbedürfnis in
hohem Mabe verknüpft ist. Schon frühzeitig hat sich deshalb die öffent-
liche Gewalt dem Wasserverkehr in besonderer Weise zugewandt.
Dabei ist indes ein scharfer Unterschied zwischen den Binnen-
Wasserstraben und dem Meere zutage getreten. Das Meer entzieht sich
in seiner Eigenschaft als Verkehrsstrabe dem Einfluß der öffentlichen
Gewalt. Das Meer ist international, kann der rechtlichen Herrschaft
eines einzelnen Staates nicht unterworfen werden, der einzelne Staat
kann kein Eigentumsrecht an dem offenen Meere ausüben. Die Ströme
dagegen liegen im Machtbereich des einzelnen Staates, soweit sie dessen
Gebiet durchströmen. Soweit sie durch fremde Gebiete flieben, sind sie
der Herrschaft des Staates entzogen, der auf Vereinbarungen mit dem be-
treffenden anderen Staate angewiesen ist, wenn er irgendwie auch auf
die Verhältnisse des Stromes im fremden Lande einwirken will. Die
Kanäle liegen an sich, wie die Landstrabhen, im Machtbereich des ein-
zelnen Staates, finden aber wie diese nicht selten in fremdländischen
Kanälen ihre unmittelbare Fortsetzung.
Die Grundsätze für die Behandlung der Kanäle passen sich im all-
gemeinen denen an, die für die Landstraben gelten.
Die schiffbaren Ströme sind schon nach dem römischen Rechte als
Staatseigentum aufgefaßt worden. Im Mittelalter galten sie als Eigen-
tum des Fürsten, in den neuen Staaten sind sie wieder als Staats-
eigentum aufzufassen. Die schiffbaren Ströme sind also allgemein dem
Sondereigentum einzelner Personen entzogen, sie gebören der Gesamt-
heit.
Aus dieser verschiedenen Eigenart der Binnenwasser straben und
des Meeres ergibt sich von selbst, dab die Aufgaben des Staates oder
der öffentlichen Gewalt überhaupt bei beiden sehr verschieden sind.
Bei dem Meere ist die Aufgabe des Staates vor allem die gewesen,
die internationale Eigenart des Meeres durch völkerrechtliche Ab-
machungen zur Anerkennung zu bringen. Das römische Recht batte
niemandem ein ausschliebliches Recht über das Meer zuerkannt. Im
Mittelalter dagegen versuchten einige Staaten, sich ein ausschliebliches
Recht über bestimmte Teile des Meeres anzueignen, so Venedig über das
Adriatische Meer, Genua über das Ligurische Meer; Spanien und For-
tugal beanspruchten sogar für sich die ausschliebliche Fahrt nach Ost-
und Westindien auf Grund einer Bulle des Papstes AlExANDERS VI. von
1494, in welcher über die Grenzen der spanischen und portugiesischen